Das fotoportal.de: Mit der Lumix S5 bringt Panasonic nun schon die vierte Vollformatkamera mit L-Mount-Anschluss auf den Markt. Was waren die Gründe dafür, neben der etablierten MFT-Kamerareihe zusätzlich ein völlig neues Kamerasystem mit größerem Sensor zu etablieren?
Michael Langbehn, Head of PR/Media/Sponsoring,
Consumer Electronics, Panasonic
Michael Langbehn: Die Entwicklung der LUMIX G Serie zeigt, wie viel Innovationskraft in Panasonic steckt. Nehmen wir als Beispiel nur die GH-Modelle, dann bot jede Generation einen echten Mehrwert. Wenn wir weiterhin so positive Impulse für den gesamten Kameramarkt setzen wollen, dann dürfen wir uns neuen Technologien nicht verschließen. Dass wir uns also neben der konsequenten Weiterentwicklung der MFT Modelle auch anschauen, wie wir unser Knowhow bei spiegellosen Vollformat-Kameras einbringen, war ein logischer Schritt. Bei der Vorstellung dieser Strategie auf der Photokina 2018 nannten wir es eine Erweiterung unserer Klaviatur – ich denke, das Bild passt nach wie vor sehr gut.
Das fotoportal.de: Die neue Lumix S5 ist kaum größer als das MFT-Topmodell die GH5. Relativiert sie damit nicht das Argument einer kompakteren Baugröße von MFT-Kameras und Objektiven?
Michael Langbehn: Sie ist sogar noch etwas kompakter als die GH5. Wir vergleichen hier allerdings auch das kleinste Vollformatmodell mit dem größten MFT-Modell. In der G-Serie sprechen wir bei der GX800 von „kompakt“ und an deren Maße kommen wir mit Vollformatmodellen in absehbarer Zeit nicht ran. Das Argument mit der kleineren und leichteren Bauweise ist also nach wie vor gültig. Dennoch ist die S5 natürlich auch das Ergebnis einer langen Entwicklung bei LUMIX. Dass wir eine Kamera mit diesen Leistungsdaten in ein so kleines Gehäuse bauen können ohne beispielsweise Schwierigkeiten mit Überhitzung zu bekommen, liegt nicht zuletzt auch an den Erfahrungen, die wir bei der jahrelangen Entwicklung der GH-Modelle gesammelt haben.
Die Lumix GH5 MFT-Kamera ist sogar gerinfügig größer als die Lumix S5 Vollformatkamera.
Das fotoportal.de: Müssen MFT-Nutzer Zugeständnisse bei der Bildqualität machen?
Michael Langbehn: Die Modelle der G- und der S-Serie richten sich an ganz unterschiedliche Typen von Fotografen. Innerhalb der G-Serie finden Sie passende Lösungen für die volle Bandbreite vom ehemaligen Smartphone-Fotografen, der „richtig fotografieren“ möchte bis hin zum Profi. Die S-Serie setzt oberhalb dieser Bandbreite an und bedient die Ansprüche spezialisierter Profis. Insofern ein klares Nein. Wenn Sie einen Porsche-Fahrer und einen Formel 1-Fahrer vergleichen, würden Sie ja auch nicht sagen, dass einer von ihnen Zugeständnisse an die Sportlichkeit seines Fahrzeugs macht.
Das fotoportal.de: Zum Verkaufsstart der L-Mount Kameras und Objektive war die versprochene marken- und formatübergreifende Kompatibilität keineswegs gewährleistet und konnte erst nach und nach durch Firmware-Updates bei den Produkten aller Allianzpartner Schritt für Schritt erreicht werden? In wieweit ist die Kompatibilität für zukünftige Produkte sichergestellt?
Michael Langbehn: Wir müssen den Zeitraum, über den wir hier sprechen, einmal realistisch einordnen. Vor noch nicht einmal zwei Jahren haben wir die S-Serie angekündigt. Die L-Mount Alliance ist der Zusammenschluss von drei A-Brands der Branche, die sich bei der Entwicklung auf Augenhöhe begegnen – das führt bei der Einführung natürlich auch zu Abstimmungsprozessen, die bei Alleingängen so nicht auftreten. Selbst das konnte innerhalb des ersten Jahres weitestgehend bereinigt werden. Was ich heute sehe, ist das am schnellsten wachsende spiegellose Vollformatsystem mit aktuell 35 Objektiven. Unser Eindruck von der aktuellen Dynamik im Kameramarkt ist, dass auch der Wettbewerb die Produkte und die Entwicklung innerhalb der L-Mount Alliance sehr ernst nimmt.
Das fotoportal.de: Menschen kochen, backen, nähen, handwerken oder gärtnern, obwohl diese Tätigkeiten auch von Spezialisten als Beruf ausgeübt werden. Den Spaß an der früher massenhaft betriebenen, kreativen Fotografie mit großen, leistungsstarken Kameras scheinen sie, wenn man den schrumpfenden Markt dafür betrachtet, verloren zu haben. Stattdessen findet die schnelle Bildkommunikation per Smartphone- immer mehr Anhänger. Hat sie die klassische Fotografie ins Abseits gestellt?
Michael Langbehn: Vor ein paar Jahren haben die aufkommenden Smartphones bereits die Einsteiger-Kompaktkameras ersetzt. Was sich damals noch nicht im heutigen Maße abzeichnete war, wie sehr doch Fotografie Teil der täglichen Kommunikation wird. Nicht nur bei bildlastigen Netzwerken wie Instagram, auch im Dialog über Messenger fotografieren Menschen. Natürlich ersetzt das Smartphone für viele die Kamera, gleichzeitig führt es aber auch viel mehr Menschen an Foto- und Videografie heran als noch vor einigen Jahren. Ich glaube, dass gute Produkte, die sich am veränderten Bedarf der Fotografie-Einsteiger orientieren, sehr, sehr erfolgreich sein können. Unsere kürzlich vorgestellte LUMIX G110 beispielsweise wurde gezielt für Livestreaming und Vlogging entwickelt. Das sind Funktionen, die das Smartphone auch beherrscht – nur eben nicht mit diesem hohen Anspruch an die Bildqualität.
Wurde gezielt für Liv-Streaming und VLogging ntwiklt die Lumix G110 mit MFT-Sensor.
Das fotoportal.de: Was müssen Aufnahmesysteme heute bieten, um wieder mehr Menschen für die kreative Fotografie zu begeistern und den Markt zu beleben?
Michael Langbehn: Schauen Sie sich die sozialen Netzwerke an und wie sich deren Bildsprache verändert. Vor ein paar Jahren sahen sie dort überwiegend Schnappschüsse. Heute sehen Sie viel mehr inszenierte Bilder – mal gelungen, mal nicht so sehr. Die Jagd nach Likes funktioniert nicht mehr nur über das Motiv sondern zunehmend über die Qualität des Bildes. Das ist ein Trend, der immer wieder Menschen an die Grenzen der Smartphone-Fotografie führen wird. Und wir bieten mit dem breiten Portfolio der G-Serie die Möglichkeit, die eigenen fotografischen Fähigkeiten weit über diese Grenzen hinaus zu entwickeln. Und wer sich selbst darüber hinaus entwickelt, für den ist dann die S-Serie genau das richtige.