Andreas Wahlich, Head of Marketing Digital Imaging Samsung Electronics GmbH:
über die Neuausrichtung der Imaging Sparte bei Samsung
Andreas Wahlich hat in führenden Positionen viele Jahre Erfahrungen bei Premium Brands wie Sony und Leica sammeln können. In seiner Position als Head of Marketing will er den Richtungswechsel vom Massenprodukt zur Premium-Marke bei Samsung auch im Kamerabereich voranreiben. Wir haben mit ihm über die Gründe für die Neuausrichtung gesprochen
Herr Wahlich, was sind die Hintergründe für die Neuausrichtung als Premium Brand von Samsung Digital Imaging?
Andreas Wahlich: Ein wachsender Markt, in dem wir uns bisher immer bewegt haben, erfordert bestimmte Warenströme, ein klares Marktanteilswachstum und hohe Stückzahlen. Das war immer das Segment, in dem wir uns bewegen. Wir haben ein hervorragendes Time-to-Market-Management und damit immer auch die Möglichkeit, in den großen Segmenten weltweit Nr. 1 Positionen zu belegen. So erreichen wir die notwendigen Stückzahlen und die erforderlichen Kostenvorteile, um wirtschaftlich und sehr profitabel agieren zu können.
Solche Ziele sind im Imaging- und Fotomarkt im Laufe der letzten drei Jahre wohl eher illusorisch geworden?
Wir wissen alle, dass der Kameramarkt seit Längerem rückläufig ist. Das können auch wir nicht ändern. Wir haben es in den vergangenen Jahren immer wieder probiert. Doch kann das ein einzelner Hersteller wohl kaum erreichen. Was aber in der Vergangenheit immer der Erfolgsfaktor war und auch in der Zukunft sein wird, sind Innovationen. Die Faszination herausragender Technik war es und ist es noch immer, was die Konsumenten antreibt und dazu bewegt, Produkte zu kaufen. Da hat die Industrie in den vergangenen Jahren nicht allzuviel getan. Da wurde es mit der Pixelschlacht probiert. Das hat teilweise funktioniert, aber bahnbrechende Innovationen waren eher selten.
Was hat denn Samsung versucht, dem Einbruch des Kameramarkes entgegen zu setzen?
Wir haben mit unseren Galaxy Cameras mit Android Betriebssystemen, mit WiFi und GPS immer wieder versucht, die Innovationsführerschaft zu halten. Aber unsere Position war zu diesem Zeitpunkt noch zu schwach, um den kompletten Markt zu verändern oder zumindest zu stimulieren. Daher haben wir zur photokina 2014 mit der Einführung der Samsung NX1 Systemkamera, einem absoluten High-Tech-Produkt, einen kompletten Richtungswechsel angestrebt.
Samsung NX1 mit 50 -150 mm Zoomobjektiv:
Das Flaggschiff der NX Sytemkamer- Serie.
Wodurch wurde dies möglich?
Wir haben inzwischen die dafür erforderliche Fertigungstiefe erreicht, so dass wir alle Bauelemente, angefangen von den Sensoren über Prozessoren bis hin zu den Optiken, selbst fertigen können und dadurch nun das gesamte Marktsegment anders bespielen können als in der Vergangenheit, wo wir bestimmte Komponenten dazu kaufen mussten.
Hat Samsung damit seine Strategie umgekehrt und sich statt auf die Breite in die Spitze orientiert?
Wir sind den Weg von unten nach oben gegangen. Wo viele unserer Handelspartner uns ja kennen, beispielsweise bei den Kompaktkameras in den Preisklassen unter 100 Euro und auch da, worin wir ja beinahe berühmt und manchmal auch berüchtigt waren, nämlich eine radikale Niedrigpreisstrategie zu verfolgen, dort sind wir in zweierlei Hinsicht einen Richtungswechsel angetreten: Von den Produktkategorien unter 100 Euro haben wir uns völlig verabschiedet. Diese spielen ja auch wegen der Dominanz der in den Smartphones verbauten Kameras im Markt praktisch keine Rolle mehr. Die fünfstelligen Verkaufszahlen in diesem Bereich sind inzwischen auf eine vier- bis dreistellige Zahl geschrumpft und diesen Dimensionen mussten auch wir Rechnung tragen.
Andreas Wahlich erläutert den Richtungswechsel bei Samsung Imaging.
Bedeutete dies auch ein Umdenken in der Wahl des Verkaufskanals?
Ja selbstverständlich, mit der Produktpolitik höherwertiger Geräte und dem Einstieg in das Systemkamerageschäft von der NX 1000er und 2000er in die dreistellige Serie mit der NX 200 und unserem Erfolgsmodell NX 300 über die zweistellige Serie NX 10 oder jetzt NX30 haben wir es geschafft, den Durchschnittspreis unserer Produkte sowie den Qualitätsanspruch von unten nach oben aufzubauen und haben ihn schließlich mit der Einführung der NX1 gekrönt. Diese Produkte werden nun auch über andere Kanäle verkauft als in der Vergangenheit die Kompaktkameras.
Lassen sich denn mit den höherwertigen Kameras die Rückgänge bei den Kompaktkameras kompensieren?
Wir freuen uns natürlich, dass wir mit unseren Produkten nun einen höheren Durchschnittspreis erzielen, aber andererseits bedingt dies auch eine komplett andere Kanalwahl.
Hat dies den Fotofachhandel für Samsung stärker in den Fokus gerückt?
Wenn man betrachtet, wie hoch der Anteil des Fotofachhandels in den Produktkategorien über 1000 Euro über ganz Deutschland verteilt ist, dann kommt ihm eine prominente Rolle zu. Das begründet auch den Ausbau unseres Engagements in den Einkaufskooperationen des Fachhandels. Dort sehen wir uns auch in der Pflicht, Aufräum- und Informationsarbeit zu leisten. Damit haben wir bereits vor einiger Zeit begonnen, so dass wir zu vielen Fachhändlern in sehr guter Beziehung stehen. Wichtig ist es nun für uns, dies auch in die Breite zu tragen und noch mehr Fotofachhändler auf diesen Weg mitzunehmen und unsere komplette Kanalpolitik noch stärker auf den Fotofachhandel ausrichten.
Samsung NX-Scene München: Vernissage Joachim Baldauf.
Was sind ihrer Meinung nach, die Kernprobleme, die Handel und Industrie anpacken müssen, um die gegenwärtige Krise im Fotomarkt zu bewältigen?
Wir haben eine gefährliche Blase im Markt erlebt. Diese basierte darauf, dass wir nach dem Ende der analogen Fotografie eine komplette Digitalisierung vor allem bei den Kameras am Markt erfahren haben. Kleine, komplett ausgestattete Modelle, die es jedem Konsumenten ermöglichten, einfach ein perfektes Bild zu machen, brachten einen Nutzen, der bislang nur schwer zu erreichen war. Wer ein Bild machen und seinem Grundbedürfnis nachkommen wollte, mit Bildern zu kommunizieren, musste praktisch eine solche digitale Kamera kaufen. Das war der Anfang der Blase mit den immensen Stückzahlen, wie wir sie erlebt haben. Für die reine Kommunikation haben die Verbraucher nun ihr Smartphone mit der integrierten Kamera. Der Markt der Geräte für die kreative Fotografie wird sich wohl auf die Größe von analogen Zeiten zurückentwickeln.
Werden sich die Kamerahersteller und die Fachhändler wieder stärker auf die Fotoenthusiasten, die das Fotografieren als Hobby betreiben, konzentrieren müssen?
Unserer Meinung nach ja. Wer die Fotografie als Hobby betreibt, der investiert auch weiter in diese Tätigkeit, kauft neue Kameras, baut sein System aus und schafft sich weiteres Zubehör an, um seinem Hobby intensiver nachgehen zu können. Daher glaube ich auch, dass es für den Handel enorm wichtig ist, eine langfristige Beziehung zu seinen Kunden aufzubauen und ihn bei seinen Freizeitaktivitäten zu beraten und zu unterstützen. Die schnellen technischen Veränderungen und vor allem die zunehmende Digitalisierung erfordern eine intensive Kundenberatung. Die nächste große Digitalisierungswelle ist schon im Anrollen: Das „Internet of Things“. Wir werden in den nächsten Jahren erleben, dass praktisch alle Produkte mit einer gewissen künstlichen Intelligenz ausgestattet sein werden, die es ihnen ermöglicht, miteinander zu kommunizieren und miteinander in Verbindung zu stehen. Die dafür erforderliche Beratungsleistung bieten zu können, sehe ich als große Chance für den Fachhandel.
Werden damit das Smartphone oder die Tablet PC nicht noch wichtiger als sie es schon sind?
Schon heute ist das Smartphone ja bereits für die Kommunikation mit der Kamera, für ihre Fernauslösung oder auch als externer Monitor, für den Datentransfer oder die GPS Informationen zu einem beinahe unverzichtbaren Zubehör geworden. Das werden wir in naher Zukunft verstärkt mit allen Produkten erleben, die immer häufiger Informationen untereinander austauschen und nutzen können. Nicht nur das Auto liefert seinem Besitzer Verbrauchs- und Verschleißinformationen. Auch Kameras werden dies bald können und ihren Nutzern wichtige Hinweise geben können.
NX-Scene Hamburg Vernissage der Ausstellung von Starfotograf Jim Rakete.
Werden die Geräte dadurch nicht mit Technik überfrachtet und die Konsumenten überfordert?
Die Verbraucher kaufen Technik und Innovationen. Wir erleben es jetzt beispielsweise mit dem Thema 4K, das durch die Medien zieht und die Technikmärkte belebt. Wichtig dabei ist, dass hier der Konsument einen wirklichen Nutzen sieht, den er sich auch für die Bilder aus seiner Kamera erschließen kann.
Der Imaging Bereich nimmt im Produktportfolio von Samsung eher einen bescheidenen Anteil ein. Welche Rolle spielt er in der Konzernstrategie?
Foto und Imaging sind wichtige strategische Säulen innerhalb der Firmenpolitik. Das bedeutet, dass wir hier ein Marktsegment besetzen, Know-how aufbauen und uns als kompetenter Partner im Markt mit hochwertigen Produkten platzieren. Dieses Know-how wiederum wandert in unterschiedliche Produkte. Das, was Sie beispielsweise bei Smartphones heute sehen, sind viele, viele Funktionen, die aus der Kameraentwicklung stammen.
Robby Kreft und Andeas Wahlich bei der europafoto
Gesellschafterversammlung.
Wie wollen Sie den Richtungswechsel von Samsung für den Handel und die Konsumenten sichtbar machen?
Wir haben bereits seit der photokina 2014 unser komplettes Marketingkonzept dahingehend geändert, dass wir verstärkt auf fotografische Themen setzen. So haben wir beispielsweise eine NX1 Kampagne mit bekannten Fotografen wie Jim Rakete oder Joachim Baldauf gestartet, die bestimmte Themen fotografisch mit der NX1 interpretieren. Auch haben wir das Erscheinungsbild unserer Prospekte verändert und denen eher einen magazinartigen Charakter gegeben, um dem Kunden nicht nur reine Produktinformationen zu liefern, sondern ihm zudem hochwertige Zusatzinformationen in Form von unterhaltsamer Lektüre anzubieten.
Sie haben zuvor betont, dass Kunden Technik kaufen würden. Mit ihrem Katalog setzen Sie jedoch eher auf Emotionen. Wie vereinbart sich das?
Eine Kamera ist ein höchst kreatives Werkzeug. Mit unserem Magazin geben wir Beispiele für die kreative Nutzung bestimmter Features, die animieren sollen, unsere technischen Möglichkeiten zu nutzen. Das sollte im besten Fall auch der Fachhandel als unserer Partner leisten, den wir brauchen um uns als starke Premium Marke beim Verbraucher zu manifestieren.
Herr Wahlich, vielen Dank für das interessante Gespräch.