dasfotoportal.de: Herr Gleich, wie hat sich der Fotofachhandel bisher in der Pandemie geschlagen?
Michal Gleich: Nach einer anfänglichen „Schockstarre“ hat sich der Fotofachhandel hervorragend entwickelt. Viele Händler haben den Lockdown und die Wochen danach sehr aktiv genutzt, um ihre Online-Aktivitäten auszubauen und neue Sortimente wie z.B. Vlogging-u. Streaming-Equipment zu verkaufen. Dies spiegelt sich auch in den GfK-Zahlen wider, die für Juli einen sensationellen Fachhandelsanteil von fast 50% ausweisen.
dasfotoportal.de: Welche Einbußen waren im ersten Halbjahr zu verzeichnen?
Michal Gleich: Im ersten Halbjahr hatte das Unternehmen einen kumulierten Umsatzrückgang von rund 20%, da die stationären Umsätze während der Lockdown-Phase natürlich nicht komplett über das Online-Geschäft kompensiert werden konnten. Der Rückgang ist allerdings ohne Berücksichtigung der Umsätze der europafoto-Fachhändler, die im 2. Halbjahr 2019 der UIG beigetreten sind, zu beklagen. Nimmt man diese Umsätze jedoch hinzu, so liegt die UIG-Gruppe über Vorjahr.
Michael Gleich, Geschäftsführer der United Imaging Group.
dasfotoportal.de: Welche es Produktkategorien gingen besonders gut, welche schlecht?
Michal Gleich: Ein deutliches Plus verzeichnen aktuell die Produktbereiche Spiegelreflexkameras, spiegellose Systemkameras und Objektive inklusive unserer Exklusivmarke Voigtländer. Rückläufig sind dagegen weiterhin Kompaktkameras und Mobiltelefone und im Moment auch die Sofortbildkameras und Sofortbildfilme.
Besonders positiv zu erwähnen ist der Videobereich, der mit einem kumulierten Plus von 26% bis Ende August den höchsten Umsatzzuwachs verzeichnen konnte. Aufgrund der Ausgangsbeschränkungen und Versammlungsverbote haben viele Konsumenten und Institutionen in den letzten Monaten verstärkt nach Videostreaming-Produkten aller Art gesucht, um ihr Homeoffice effizienter auszustatten, virtuelle Veranstaltungen durchzuführen oder die Social-Media-Plattformen zu bespielen.
dasfotoportal.de: Wie sieht die UIG bei anhaltender Corona Ausbreitung das Herbst- und Weihnachtsgeschäft?
Michal Gleich: Sofern es zu keinem weiteren Lockdown kommt, erwarten wir für die letzten Monate des Jahres eine positive Umsatzentwicklung. Es gibt viele hochinteressante Neuheiten und viele Industrie-Aktionen, die spürbare Umsatzimpulse setzen werden. Bei den neuen Kameramodellen ist der Engpass im Moment eher die Liefersituation und nicht die Kundennachfrage. Aktuell könnte der Händler noch deutlich mehr Neuheiten verkaufen, als die UIG und die Hersteller ihm liefern können.
dasfotoportal.de: Hat sich der Fotofachhandel in der Zeit der Pandemie verändert? Wie hat er sich darauf eingestellt?
Michal Gleich: Die Pandemie hat die Fachhändler gezwungen kreativ zu werden und viele Händler waren in dieser Zeit sehr aktiv und bereit neue Wege zu gehen. Viele haben sich mit neuen Sortimentsbereichen, wie den bereits erwähnten Produktgruppen Videogeräte und Videozubehör, befasst. Viele haben proaktiv das Dropshipment der UIG beworben oder einen Abholservice eingerichtet und konnten so während des Lockdowns zahlreiche Kundenbestellungen ausliefern. Und natürlich wurde gerade in der Phase der Geschäftsschließungen deutlich, wie unverzichtbar heute ein Online-Shop und Social-Media-Aktivitäten sind und viele Händler haben dies zum Anlass genommen, deutlich mehr Zeit und Energie in ihr E-Commerce und ihren Multichannel-Auftritt zu investieren.
dasfotoportal.de: Worin lagen die Stärken und die Schwächen der Imaging Branche beim Meistern der durch das Virus bedingten Herausforderungen? Wie konnte eine Handelskooperation dabei ihre Partner effektiv unterstützen?
Michal Gleich: Ein Schwäche war sicherlich, dass der Kamerakauf trotz aller Multichannel-Überlegungen immer noch primär vom persönlichen Kundenkontakt lebt und dieser persönliche Kundenkontakt für viele Wochen einfach nicht mehr stattfinden konnte. Eine fundierte Beratung, das Anfassen und Ausprobieren von Produkten und die Kundenaktivierung, die durch Workshops, Kundenevents und Fotofestivals entsteht, lassen sich leider auch durch gute Web-u. Social-Media-Aktivitäten nicht kompensieren.
Die Stärke war sicherlich, dass die Fotobranche schon sehr viele Veränderungsphasen erlebt hat – den Wandel von der analogen zur digitalen Fotografie, den Siegeszug der Smartphones und auch die extremen Veränderungen durch E-Commerce und Social-Media, die sich gerade auf diese Branche massiv ausgewirkt haben. Die Fotohändel sind es daher gewohnt, mit Krisen und massiven Veränderungen umzugehen und sich auf neue Situationen flexibel einzustellen.
Die wichtigste Unterstützung der UIG lag sicherlich im finanziellen Bereich. Wir haben während der Lockdown-Phase den gesamten Bankeinzug der fälligen Händler-Rechnungen ausgesetzt und in Einzelfällen sogar zinsfreie Teilzahlungsvereinbarungen ermöglicht. Darüber hinaus haben wir im Extranet RIO einen Bereich mit wichtigen Informationen zum Thema Corona-Pandemie eingerichtet, in dem der Händler alle Unterlagen zu relevanten politischen Vorgaben und Hilfspaketen finden konnte. Dies war eine große Hilfe, da die sich ständig ändernden Vorschriften und Informationen für alle Beteiligten nur schwer zu überblicken waren. Wir haben die Händler darüber hinaus auch ganz konkret mit Marketingmaßnahmen unterstützt. Es wurde ein Booklet mit Marketing-Ideen für die Corona-Zeit zur Verfügung gestellt, es wurden Vorlagen für krisengerechte Social-Media-Posts gestaltet, es gab POS-Bausteine zu Hygienethemen und relevanten Sortimenten und ein wöchentliches UIG-Live-Webinar, um den Händler im Bereich „Social-Media“ zu unterstützen. Der Bereich „Trends & Training“ bot den Händlern zahlreiche Webinare und Infovideos zu neuen Produktthemen wie Streaming und Videografie an. Und dem Einkauf war es gelungen, gleich zu Beginn der Maskenpflicht drei verschiedene Arten von Schutzmasken und Desinfektionsmittel zu beschaffen, was für die Händler eine sehr große, praktische Hilfe war.