Schönheitskönigin: Die elegante Fujifilm X-E1 gibt es in Schwarz und Silber.
Es gibt mindestens zwei Lager unter den Fotografen: Die Ewig-Gestrigen und die Zukunfts-Nerds. Für beide gibt es die neue Fujifilm X-E1. So war zumindest unser erster Eindruck. Denn diese Kamera verbindet modernste Technik mit bewährtem Handling. Dabei bezieht sich das Wort ‚bewährt‘ nicht nur auf die althergebrachte und als ergonomisch vorbildlich geltende Bedienung über Tasten, Wahlräder und Hebel und Schalter sondern auch auf die schnellen Zugriffsmöglichkeiten auf die grundlegenden fotografischen Gestaltungsparameter wie Blende, Verschlusszeit.
Die Fujifilm X-E1 ist ganz sicher keine Kamera für ambitionierte Aufsteiger aus dem Smartphone- oder Kompaktkamerabereich. Sie ist vielmehr etwas für Puristen, für all jene Fotografen, die höchste Ansprüche an die Bildqualität haben, sich aber nicht mit einer Spiegelreflex-Kamera belasten wollen und denen auch die Ästhetik ihres Handwerkszeug wichtig ist. Die X-E1 ist zweifellos die Schönheitskönigin unter den Kameras der Fujifilm X-Reihe, der man wegen ihres einzigartigen Charmes gern auch kleine Schönheitsfehler verzeiht, die jedoch bei den hoffentlich geplanten Nachfolgemodellen vermieden werden sollten.
Der automatische weißabgleich liefert natürlich wirkende Farben
auch bei Mischlicht.
Zunächst zum Handling der Kamera: Da macht die Kamera Spaß von Anfang an. Schon das Auspacken bereitet Freude. Die Verpackung ist dem Anspruch angemessen und vermittelt dem stolzen Besitzer das Gefühl, etwas sehr Wertvolles erworben zu haben. Erfreulich ist auch die ausgedruckte, ausführliche Bedienungsanleitung, die hilft, die erste schwierige Hürde zu nehmen: Das Anbringen des Tragegurtes. Es bedarf dazu nicht nur unbedingt einer Anleitung sondern zusätzlich ein kleines, leicht zu verlierendes, zum Lieferumfang gehörendes Plastikscheibchen als Werkzeug, wenn man sich nicht die Fingernägel ruinieren will. Hier steht die Fujifilm X-E1 ganz in der Tradition der alten Leica Kameras, bei denen das Anbringen des Tragegurts ähnlich kompliziert war. Dass es auch anders geht beweist beispielsweise die EOS M. Nun wird der normale Anwender nicht ständig den Tragegurt anbringen und wieder abnehmen. Uns ist es deshalb aufgestoßen, weil wir für den Test die Kamera zwischendurch auch immer wieder fotografiert haben und der Gurt uns dabei störte.
Blick auf die Oberseite der Fujifilm X-E1 mit den dominanten Wahlrädern für Verschlusszeit und Belichtungskorrektur.
Die Fujifilm X-E1 gehört nicht zu den kleinsten und leichtesten unter den spiegellosen Systemkameras. Das macht schon die Wahl des APS-C großen Sensors unmöglich. Das Gleiche gilt auch für die wenigen Objektive, die es für dieses System bis jetzt gibt. Aber das sehr solide Metallgehäuse liegt durch den griffig armierten Handgriff und die unterstützende Daumenauflage gut in der Hand und erweckt neben dem Charme eines klassischen Designs auch den Eindruck von Wertigkeit.
Vorn an der Kamera gibt es unten, direkt neben dem Objektiv den Wählhebel für den Scharfstellungsmodus. Der Fotograf hat die Wahl zwischen den drei Einstellungen S, C und M (Single = Einzel- Continuous = kontinuierlich und Manual = manuell). Der Hebel ist leicht zu greifen und die drei Positionen sind einfach zu merken, so dass auch diese Einstellung blitzschnell und ohne die Kamera vom Auge nehmen zu müssen, vorgenommen werden kann.
Wahl des Fokussiermodus.
Voraus geht über die Menu-Einstellung die Wahl zwischen den Autofokus Modi „Vario“ oder „Mehrfeld“. Bei der Vorwahl der Einstellung „Vario“ im Menu und „Single“ am Drehschalter für den Fokussiermodus lässt sich nur die Position des AF-Messfeldes bestimmen sondern auch seine Größe.
Allerdings ist der Autofokus der Fujifilm E-X1 nicht gerade der schnellste. Zwar funktioniert die Autofokus-Einstellung sehr präzise und die Messfeldwahl ist äußerst einfach und bequem zu steuern aber eben nicht besonders schnell. Für Actionaufnahmen empfiehlt sich die manuelle Schärfenvorwahl.
Fotografen die gern selbst die Entfernungseinstellung vornehmen, werden von der Fujifilm X-E1 begeistert sein. So können Sie beispielsweise, wenn sie die Kamera als Zweitgerät neben einer DSLR verwenden, mit der sie häufig manuell scharfstellen, die Drehrichtung des Objektivs umkehren, sprich, selbst bestimmen ob das Objektiv nach rechts oder links gedreht werden muss, um eine kürzere oder längere Aufnahmedistanz zu wählen. Eine echte Hilfe für die präzise Entfernungseinstellung ist die Lupenfunktion, die das Sucherbild bei Druck auf den Funktionswähler auf der Kamerarückseite vergrößert, so dass sich die Schärfe sehr genau kontrollieren lässt. Das ist besonders praktisch, wenn Fremdobjektive über Adapter, wie beispielsweise von Novoflex oder auch der Fujifilm Adapter für Objektive mit Leica M-Anschluss verwendet wird.
Um mit den Novoflex-Adaptern und Fremdobjektiven arbeiten zu können muss im aufnahme-Menü, die Aufnahme ohne Objektiv aktiviert sein.
Nachdem wir uns über die vielen Vorzüge beim Handling recht begeistert ausgelassen haben, nun die Wünsche, die eine konsequent traditionelle Bedienung bei einer zukunftsorientierten Fotografengeneration vielleicht noch offen lässt: Das Wahlrad für die Belichtungskorrektur ist zwar sinnvoll positioniert, so dass mit der Kamera am Auge direkt mit dem Daumen eine Korrektur vorgenommen und ihre Auswirkungen sofort im elektronischen Sucher beurteilt werden können aber leider verstellt sich das Rad zu leicht und uns ist es mehrfach passiert, dass sich das Rad unbemerkt und unbeabsichtigt verstellt hat.
Nicht unbedingt optimal aber vermutlich konstruktionsbedingt positioniert ist die Einstellung des Blendenrings auf die automatische Blendensteuerung. Die Fujifilm X-E1 empfiehlt sich nach unserem ersten Eindrücken nicht zuletzt auch für die „Available Light“ Fotografie, also für Aufnahmen bei schwacher Beleuchtung mit dem vorhandenen Licht. Soll von der A-Einstellung des Blendenrings auf eine möglichst große Blende umgestellt werden, muss der Fotograf bei der kleinsten beginnen. Der umgekehrte Weg würde Zeit sparen. Auch wäre eine Verriegelung oder zumindest ein etwas stärkeres Einrasten der Automatikeinstellung am Blendenring wünschenswert.
Hamburger Hauptbahnhof: Bei Schmuddelwetter innen und außen – mit Fujinon Aspherical Lens Super EBC f35mm 1:1,4.
Die Blende ist durch ihren Einfluss auf die Schärfentiefe ein wesentliches Gestaltungsmittel. Wird sie manuell gewählt, zeigen Display und elektronischer Sucher immer die Bildwirkung bei offener Blende. Die Auswirkungen der Blende auf die Schärfentiefe muss sich der Fotograf durch Drücken der Fn Taste auf der Kamera-Oberseite anzeigen lassen. Auch das beschleunigt nicht gerade die notwendigen Aufnahmevorbereitungen.
Zwischenbilanz: Die Fujifilm X-E1 ist zweifellos die Schönheitskönigin im Lager der spiegellosen Systemkameras. Ihre klassische Eleganz sticht den Retro-Look des Topmodells der Linie, die X-Pro 1 klar aus. Das Handling ist ergonomisch gestaltet und die Menüführung vom Anwender schnell zu erfassen. Bis dahin nur ein kleiner Wermutstropfen: die Schöne ist nicht gerade die Schnellste. Das wird auch durch das leichte Nachziehen des OLED-Suchers bei schnellen Bewegungen deutlich. Dennoch den Hybridsucher, den das Topmodell der Reihe, die X Pro 1 so teuer macht, haben wir nicht vermisst.
Warte bis es dunkel wird
Salopp ausgedrückt ist die elegante Fujifilm X-E1 ist eine Romantikerin. Sie fährt zur Hochform auf, wenn es schummrig wird und manch anderer Sensor längst im Bildrauschen versinkt. Hohe ISO-Werte selbst bei 6400 ISO liefern noch akzeptable Bilder mit guter Tonwertabstufung und satten, klaren Farben und erträglichem Rauschen.
Nachtaufnahmen sind eine Spezialität der Fujifilm X-E1.
Die Auflösung mit 16,3 Megapixeln ist zwar nicht atemberaubend, sondern eher Standard in dieser Klasse. Doch was die Konstrukteure durch die Wahl des relativ großen APS-C CMOS-Sensors, die Pixelgröße und ihre Anordnung sowie durch die Leistungsstärke des Prozessors an Bildqualität ermöglichen erfüllt professionelle Ansprüche. Das zeigt sich besonders bei Motiven mit schwacher Beleuchtung, in Aufnahmen bei diesigem Wetter oder bei Schneefall und Regen. Wird im JPG-Format fotografiert, lässt sich sogar der niedrige Empfindlichkeitswert von ISO 100 einstellen oder extreme Empfindlichkeiten von ISO 12.800 oder ISO 25.600 nutzen. Niedrige Empfindlichkeiten sind immer dann angebracht, wenn bei großer Helligkeit mit möglichst offener Blende und langen Verschlusszeiten fotografiert werden soll.
Menu für die RAW-Konvertierung und Nachbearbeitung in der Kamera.
Wird im RAW-Format fotografiert, lassen sich diese Extremwerte nicht einstellen. Eine Besonderheit der Fujifilm X-Systemkameras ist die Möglichkeit der RAW-Datenkonvertierung und -Bearbeitung in der Kamera. Das spart Speicherplatz, weil Fotografen, die Wert auf eine flexible Nachbearbeitung legen, ihre Bilder auch dann ausschließlich im RAW-Format speichern können, wenn sie einige davon schon unterwegs weiterverarbeiten und weitergeben wollen.
Die Fujifilm X-E1 verzichtet auf eine Motivautomatik. Die einzige, motivbezogene Einstellung ist der Makro-Modus für Aufnahmen aus kurzen Distanzen. Dafür bietet die Kamera allerdings eine Reihe von Automatiken, die Fotografen bei kreativen Experimenten unterstützen, die sich sowohl im Bracketing Modus experimentell erforschen oder einzeln von Könnern und Kennern gezielt einsetzen lassen. Dazu gehören beispielsweise die Automatikreihen für die Belichtung, für die ISO-Einstellungen den Filmsimulationsmodus und die Dynamikbereichsserie.
Graffiti gestern und heute: Die Farbwiedergabe wirkt natürlich und fein abgestuft.
Richtig Spaß macht die Filmsimulation, bei der Fotografen ihren Aufnahmen die Anmutung ihrer Lieblingsfilme aus analogen Zeiten zu geben, wie zum Beispiel die Charakteristik des noch immer von vielen Fotografen geliebten Fujifilm Velvia oder Astia Dia-Films. Interessant ist auch die Möglichkeit von Schwarzweißaufnahmen die den Einsatz von SW-Spezialfiltern in den Farben Gelb, Rot und Grün simuliert. Um dieser Filmsimulationen zu erforschen, empfehlen sich die Funktionen für automatische Aufnahmeserien. Fortgeschrittene können diese Filmsimulationen noch mit Farbton- und Schärfeeinstellungen kombinieren. Weitere Funktionen für kreative Experimente sind der Modus für Mehrfachbelichtungen sowie der für Panoramaaufnahmen.
Die hohe Auflösung und Schärfe gestattet auch starke Ausschnittsvergrößerungen.
Fazit: Die Schöne ist zwar ein bisschen spröde. Sie zaudert, was die AF-Geschwindigkeit betrifft. Für manche Einstellungen muss man tief ins Menu eintauchen und gezielt suchen. Intuitiv sind nur die wichtigsten Parameter einzustellen. Doch immer dann, wenn es schwierig wird, macht das Fotografieren mit dieser Kamera besonders viel Spaß: Zum Beispiel in schwierigen Lichtsituationen, bei der manuellen Scharfstellung mithilfe der Zoomfunktion, bei der RAW-Konvertierung in der Kamera. Die Bildqualität ist exzellent, mit hohem Dynamikbereich, sehr guter Tonwertwiedergabe und satter natürlich wirkender Farbwiedergabe. Der elektronische Sucher lässt den Hybridsucher der X-Pro 1 nicht vermissen. Alles in einem: Die Fujifilm X-E1 ist eine Kamera, mit der man sich gerne sehen lässt und deren Bildergebnisse sich auch im Vergleich mit denen von DSLR-Kameras sehen lassen können.
Preis: ca. 900 Euro