Robby Kreft, Geschäftsführer der eropafoto FOTOCO GmbH & Co. KG.
Seit Monaten schrumpft der Fotomarkt. Weder Industrie noch Handel halten eine Patentlösung parat, um diese Entwicklung zu stoppen. Hinzu kommen Missverständnisse zwischen Handel und Lieferanten sowie dramatische Veränderungen im Verhalten der Konsumenten. Wir befragten Robby Kreft, Geschäftsführer der europafoto FOTOCO GmbH & Co. KG sowie den Vorsitzenden des Verwaltungsrats Klaus Bothe nach Ihren Lösungsansätzen für die Zukunft des Fotofachhandels.
Dass es so nicht weitergehen kann, darüber seien sich alle Teilnehmer am Fotomarkt einig, so Robby Kreft und Klaus Bothe. Dies merke auch die Industrie, die – wie Klaus Bothe drastisch erläutert – viele Jahre dem Handel ihre Produkte wie einem Hund den Knochen vorgeworfen habe. Attraktive Margenlieferanten seien die Platzhirsche unter den Kameraherstellern für den Fotohandel schon lange nicht mehr. Die meisten der wenigen Impulse für den Markt kamen von außen: von Branchenfremden, Nischenherstellern, Bastlern und Tüftlern, die mit ihren Produkten den Markt um neue Kategorien erweitert haben. Die Rede ist von ActionCam Herstellern wie Gopro, von Foto-Copter-Lieferanten wie Yuneec oder dji sowie von den Anbietern spiegelloser Systemkameras, die den SLR-Kameramarkt angreifen. Auch das als Ursache für den Einbruch des Massenmarktes für Kameras identifizierte Smartphone bereicherte die Fotografie als Seiteneinsteiger aus dem Bereich der Telekommunikation.
Klaus Bothe, Verwaltungsratsvorsitzender der europafoto FOTOCO GmbH & Co. KG.
Während sich auf der einen Seite die Handelskanäle wie Internet, Großfläche und Einzelhandel unerbittliche Preisschlachten lieferten, verspielte die Fotoindustrie, allen voran die marktführenden Kamerahersteller, ihre Positionen als Lieblingskinder der Konsumenten. Die hauptsächlichen Beweggründe für den Griff zur Kamera waren bisher entweder der Wunsch, Erinnerungen festzuhalten oder der Spaß am kreativen Bildermachen. Inzwischen dominiert als Folge der rasanten Digitalisierung unserer Gesellschaft vor allem die Nutzung von Fotos und Videos zur schnellen Kommunikation und zur Selbstdarstellung auf den Social Media Plattformen des Internets. Hierfür reicht jedes Smartphone völlig aus. Während die Zahl der Smartphone-Fotografen und Nutzer von Social Media Plattformen weiter rasant wächst, hat sich die der Anhänger der kreativen Fotografie auf den Stand wie zu analogen Zeiten eingepegelt. Den Massenmarkt für Kameras haben die Smartphones übernommen. Jetzt schicken sie sich auch an, zum wichtigsten Kamerazubehör zu werden, um damit auch Fotos und Filme aus den WiFi-fähigen Kameras direkt und schnell über das Internet teilen zu können.
Killerprodukte mit disruptivem Charakter, die das Zeug dazu haben, den Fotomarkt noch einmal von Grund auf umzukrempeln und voran zu treiben, sind aktuell keine in Sicht. Auch höhere Preise und größere Margen sind nur Überlebensstrategien mit Kurzzeitwirkung. So betrachtet ist von Herstellerseite keine Rettung in Sicht.
Dennoch setzen Robby Kreft und Klaus Bothe keineswegs auf Konfrontation, sondern zeigen Verständnis für die Situation ihrer über Jahre partnerschaftlich verbundenen Lieferanten. Ein erstes Zeichen dafür setzte die Einkaufsgruppe mit der Schrumpfung ihrer jährlichen, parallel zur Gesellschafterversammlung stattfindenden Händlermesse. Das hat die Gruppe selbst und die Hersteller, deutlich entlastet und große Einsparungen gebracht
Strahlende Gesichter bei den Ausstellern. Hier am Stand von Panasonic.
„Mit dem neuen Konzept der Messe nach amerikanischem Vorbild, mit kleinen Ständen und dem Verzicht auf pompöse Produktpräsentationen, konnten wir gemeinsam mit den Ausstellern rund 750.000 Euro einsparen“, rechnet Robby Kreft vor. „Diese Summe schlug sich direkt in günstigere Einkaufsbedingungen und bessere Margen für unsere Händler nieder“.
Im Rückblick erwies sich das zunächst aus der Not geborene Sparkonzept als alles andere als der erste Schritt zu einer neuen Bescheidenheit sondern vielmehr als ein wirtschaftlich betrachtet, zukunftweisendes Erfolgsrezept.
„Ich finde das Konzept wirklich großartig“, begeistert sich Robby Kreft rückblickend. „Allein schon durch die räumliche Nähe zueinander haben manche Aussteller und Besucher wieder einmal intensiv mit einander geredet, die sonst nicht miteinander gesprochen haben. Ich fand es einfach wichtig, dass wir das Familiäre, das unsere Gruppe auszeichnet, so stärker pflegen konnten. Das geht nicht mit den großen Messeständen, die einfach nicht mehr in die heutige Zeit passen.“
Zufriedene Aussteller: Der Stand von Sony
Auch Händler und Lieferanten begrüßten die neue, kommunikativere Form der europafoto-Messe. Sie schätzen den geringen Aufwand und die deutlich einfacher, schneller und direkter gewordene Kommunikation.
„Die Chancen, dass eine Händlergruppe spontan von Mitglieder- oder Industrieseite unterstützt wird, weil sie etwas Neues probieren möchte, sind gewöhnlich eher gering“, bedauert Robby Kreft. Umso zufriedener ist er, dass die Strategie zur Schrumpfung aufgegangen ist. „In erster Linie wollen wir die Kommunikation fördern. Die Kommunikation unter den Händlern, zwischen den Lieferanten sowie unter den Lieferanten und Händlern“.
Positive Kommentare zum neuen Ausstellungskonzeot
waren auch am Stand von Fujifilm zu hören.
„Wenn man erlebt hat, wie barrierefrei Handel und Lieferanten aufeinander zugehen, wie auf kürzestem Weg Informationen fließen und wie miteinander agiert wird mit Begeisterung in den Augen von allen Beteiligten, dann finde ich, dass hier ein wirklich sensationelles Konzept umgesetzt werden konnte.“, begeistert sich auch so Klaus Bothe, „ Hier hat die Industrie eine virulente Händlerschaft erleben können, die um ihren Markt kämpft und nicht tatenlos auf das letzte Gericht wartet. Hier werden Interessen auf einer der kommunikativsten Plattformen, die man sich vorstellen kann, zusammengeführt.
Auch wenn sowohl Händler als auch Lieferanten den ersten Versuch einer neuen Verkaufsmesse als gelungen empfanden, hält Robby Kreft schon eine ganze Reihe von Verbesserungen für kommende Events parat.
„Es war uns von Beginn an klar, dass wir etwas in der Branche verändern müssen“, stellt Robby Kreft klar. „Aufgeben war und ist für uns keine Option. Es mag für Manche verlockend klingen, durch Nichtstun zum Erfolg zu gelangen. Aber wir glauben nicht daran, dass das geht. Uns ist klar, dass wir nicht abwarten und darauf hoffen können, alles würde wieder so wie früher. Die wenigsten Menschen wünschen sich Veränderungen, aber sie sind nicht aufzuhalten. Wir müssen darauf reagieren und dabei auch akzeptieren, dass man dabei auch Fehler machen kann.“
Besucher und Aussteller lobten einmütig die kommunikative Atmosphäre.
Bisher sind Fehler, die von der europafoto-Zentrale zu verantworten sind, nicht auszumachen. Im Gegenteil: dort wo Veränderungen vorgenommen wurden, zeichnen sich deutliche Erfolge ab. Das betrifft sowohl die neue eCommerce-Strategie als auch die Modernisierung der Ladengeschäfte.
„Wir haben als Händler doch nur eine Chance, wenn ich das Geschäft aus Kundensicht angehe“, so Robby Kreft weiter. „Der Kunde informiert sich heute zunächst im Internet, bevor er in den Laden kommt und kauft. Ein einzelner Händler, wie beispielsweise Foto Müller in Hintertupfingen, wird so wohl kaum gefunden. Es kann also nur so sein, dass wir gemeinsam eine attraktive Webseite betreiben, auf der sich die Konsumenten nicht nur über die Produkte und die Fotografie sondern auch über einen Händler in der Nähe informieren können und die ihn direkt zu ihm führt.“
Yuneecs Flugvorführungen im Außenbereich mit dem neuen Fotocopter
fanden bei den Händlern großes Interesse.
Doch auch der Laden muss laut Robby Kreft, durch Einrichtung und Personal Kompetenz ausstrahlen. Dies wurde mit einem neuen Ladenbaukonzept angestrebt, an dem sich bisher schon über zwanzig Mitglieder beteiligt haben. Trotz hoher Kosten für den Umbau, hat er bei allen zu höheren Umsätzen geführt, versichert Robby Kreft. Er ist felsenfest davon überzeugt, dass die Konzepte, die europafoto seinen Mitgliedern bietet, in jeder ausreichend großen Stadt funktionieren und überall in Deutschland nachhaltig erfolgreiche Läden hervorbringen können. Trotz oder gerade wegen der schlechten Zeiten rät Robby Kreft jedem seiner Verbandsmitglieder, jetzt in die Zukunft zu investieren.
„Auch mir ist Verschwendung ein Gräuel“, betont er. „Meist ist sie eine Folge von Ideenlosigkeit. Die neue Messeform, unsere Ladenumbau-Initiative und unsere eCommerce Lösung sind nicht gerade billig aber jede einzelne Aktion ist ihren Preis wert.“
Als weitere Verbesserung strebt die europafoto-Gruppe eine stärkere Vereinheitlichung der Konditionenkonzepte an.
„Bisher war es doch so, dass uns jeder Hersteller sein eigenes Programm vorgeschlagen hat und wir in einer Flut von Administrationsarbeiten versunken sind, um dem gerecht zu werden“, klagt Klaus Bothe. „Als Händler wollen wir uns nicht mit dieser Vielzahl unterschiedlichster Konzepte auseinandersetzen müssen, sondern als Partner auch sagen können, wie wir uns Fachhandel, Online-Vertrieb oder auch Sondervertriebsformen vorstellen und ihr liebe Partner könnt gerne bei uns innerhalb dieses Rasters mitturnen. Unser erklärtes Ziel ist es, den Markt aktiv umzugestalten“, betont Klaus Bothe. „Wir wollen uns nicht mehr nur vorschreiben lassen, wie wir zu handeln haben, sondern mit konkreten Vorschlägen der Industrie entgegentreten, wo sie dann entweder mitmachen oder es auch bleiben lassen kann. Wir können als Gruppe nur so gut und so erfolgreich sein, wie der Wille aller Mitglieder, die Aufgaben und Herausforderungen, die jetzt anstehen, gemeinsam und solidarisch zu bewältigen. Umgekehrt: eigene Wege, Alleingänge und Egoismen sind völlig Out. Wenn wir uns vor Augen halten, dass wir es schaffen können, wenn wir zusammen halten, wenn wir unsere Aufgaben wirklich gemeinsam angehen und lösen, dann haben wir auch eine echt Chance, dem Konzept Fachhandel 2.0 um Durchbruch zu verhelfen.“
Andreas Wahlich, Head of Marketing Digital Imaging Samsung Electronics GmbH,
hier mit Robby Kreft gab als Hauiptsponsor der Veranstaltung Einblicke
in die neue Premium-Strategie von Samsung.
„Bis zur photokina 2014 war die Welt für den Fotofachhandel noch halbwegs in Ordnung“, stellte auch Robby Kreft fest. Aber wenn wir dann am Ende des Jahres sehen, dass nur mehr 4,6 Millionen Kameras verkauft werden konnten, also etwa die Menge wie zu Analogzeiten, was ein Minus von rund 24 Prozent darstellt, dann wird es höchste Zeit, etwas zu verändern.“
Robby Kreft und Klaus Bothe sind überzeugt davon, dass die Händlerschaft gemeinsam viele Aufgaben bewältigen muss, um für die Industrie und Konsumenten ein attraktiver Partner zu bleiben. Zum Fachhandel 2.0 gehör ihrer Meinung nach eine klare Multi-Channel Strategie mit einem modernen Online-Auftritt, der das lokale Geschäft unterstützt und neue Kunden in den Laden bringt. Gefragt sind attraktive Ladengeschäfte mit eindeutigem europafoto-Branding aber lokaler Note sowie eine effektive Unterstützung durch Print- und Online-Werbung, um auch in Zukunft und in angespannten Zeiten erfolgreich im Fotomarkt handeln zu können.
Machte aus der Not eine Tugend: Robby Kreft propagierte keine neue Bescheidenheit
des Handels, sondern ein neues Selbstbewusstsein