Mit langen Tüten Jagd auf schnelle Autos: Hands on mit der Canon EOS 1DX
bei Isarfoto in Icking.
Schon sehr früh, genauer gesagt Mitte Oktober letzten Jahres ließ Canon die Katze aus dem Sack und kündigte die neue EOS 1DX für das Frühjahr 2012 an. Hintergrund der frühen Veröffentlichung der Canon Pläne war es, den Profikunden Planungssicherheit für die anstehenden sportlichen Großereignisse in diesem Jahr zu geben. Die Fußball Europa-Meisterschaft in Polen und die Olympischen Spiele in London stellen für den aktuellen Bildjournalismus und insbesondere für die Sportfotografie eine besondere Herausforderung an Mensch und Material da. Das bessere Handwerkzeug verschafft bei solchen Gelegenheiten klare Wettbewerbsvorteile. Bisher waren die Kenndaten der neuen EOS 1DX nur graue Theorie. Während der CPS Veranstaltung (Canon Professional Service) bei Isarfoto in Icking bei München verdichteten sie sich für einige ausgewählte Profifotografinnen und Profifotografen zu handfesten Praxiserfahrungen.
Weniger bringt mehr
Zunächst einmal überrascht es, wenn die Jubiläumskamera auf die erwarteten Pixelrekorde verzichtet. Auf den Rausch der Pixelrekorde, dem sich die Fotogemeinde allgemein hinzugeben schien, wurde bei der EOS 1DX Kamera zu Gunsten eines besseren Signal/Rauschverhältnisses verzichtet. Trotz Vollformat verwendet sie einen neuartigen Sensor mit ‚nur‘ 18,1 MPix. Die zehnte EOS 1 Generation (auch daher das X) markiert einen wichtigen Wendepunkt für die EOS 1D Linie: Sie vereinigt die bisher durch zwei Linien befriedigten Ansprüche der Fotografen nach höchster Qualität (Vollformat-Linie) und höchstmöglicher Geschwindigkeit (APS-C-Linie) in einem Kameramodell. Die EOS 1DX erfüllt die Ansprüche an Bildqualität und Geschwindigkeit gleichermaßen: 18 Megapixel Vollformatsensor, schnelle Bildfolgen von bis zu 12 Bildern pro Sekunde und Empfindlichkeiten bis zu ISO 204.800. Das prädestiniert sie für den flexiblen Einsatz im Bildjournalismus und für die Actionfotografie ebenso wie für Aufnahmen im Studio. So steht denn auch das X nicht nur als römische Zahl für die zehnte Generation, sondern auch für ‚Cross‘, womit die Zusammenführung der Stärken von EOS 1D und 1Ds gemeint ist.
Herzstück der neue 18 Mpix, 25mm-Vollformat CMOS Sensor
Laut Canon bietet der neue Sensor das derzeit niedrigste Signal/Rauschverhalten von allen EOS Kameras. Erreicht haben das die Canon Ingenieure durch die Kombination von Vollformat und Pixelzahl aber auch durch eine Reihe von hauseigenen Canon Technologien. Dazu gehören u.a. eine verbesserte Lichtstärke z.B. durch ein lückenloses Mikrolinsenraster, eine neue Photodioden Struktur sowie eine innovative Rauschunterdrückung auf jedem Pixel. Die verbesserte Lichtempfindlichkeit basiert auf den größeren Pixel, die trotz erhöhter Pixelzahl erreicht werden konnte. So verwendete der Sensor der EOS 1D Mark IV mit ihren 16 Mpix noch 5,7 µm große Pixel, so sind sie bei der EOS 1DX 6,95µm groß.
Canon CPS Demonstratorin, Gastgeber Klaus Bothe und Patrick Henninges, Redaktion dasfotoportal
Auch die Bewegungsunschärfe wird durch die größeren Pixel minimiert. Kleinere Pixel benötigen laut Canon eine kürzere Verschlusszeit für scharfe Bilder ohne Bewegungsunschärfe. Eine Verbesserung wurde auch bei der Konstruktion der einzelnen Pixel erreicht. So wurde der Fertigungsprozess für den CMOS-Sensor optimiert, so dass eine effektivere Umwandlung der elektrischen Signale möglich wurde. Die verbesserten Transistoren in den einzelnen Pixeln sorgen für ein besseres Signal/Rauschverhältnis und ermöglichen so höhere ISO-Zahlen.
Die kreativen Vorzüge, die das größere Sensorformat dem Fotografen bietet sind hinreichend bekannt. Er kann den vollen Bildwinkel seiner Weitwinkelbrennweiten ausschöpfen und kann zudem seine Aufnahmen effektiver mit selektiver Schärfe und Unschärfe gestalten. Den Crop-Faktor bei kleineren Sensorformaten mag allerdings mancher Fotograf im Telebereich vermissen.
Hohe ISO-Werte
Schon der Standard ISO-Bereich der neuen Canon EOS 1DX erweist sich als gewaltig. Er reicht von ISO 100 bis ISO 51.200. Der erweiterte ISO Bereich ermöglicht zusätzliche Einstellungen für ISO 50, 102.400 und 204.800. für Fotos. Bei Movies gibt Canon die ISO-Grenze mit ISO 25.600 an. Praktisch ist die Möglichkeit, die längste Verschlusszeit zu definieren, ab der die ISO-Einstellung erhöht werden soll. Damit kann Verwacklungsunschärfe effektiv vermieden werden.
Schneller scharf
Die Kameras, die bei Isarfoto zum Hands On Test zur Verfügung standen, repräsentierten laut Martin Wieser von CPS noch nicht die finale Bildqualität. Daher konnten die Ergebnisse auch nur im Display der Kamera, wenn auch über die Zoomfunktion nur visuell beurteilt werden. Da gab es kaum etwas auszusetzen.
Umso interessanter war für die Profis das Handling und nicht zuletzt auch die beschleunigte AF-Steuerung. Trotz Eiseskälte mit hohen Minustemperaturen wurden die Autofahrer die auf der B11 den Ort durchquerten als Testmotiv herangezogen. Dabei wurde die Motivverfolgung der auf die Kamera zufahrenden Autos als verblüffend schnell empfunden.
Bisher arbeitete das AF-Tracking mit den hochlichtstarken Objektiven mit 1:2,8 Anfangsöffnung problemlos und schnell. In der Sport-, Action- und Tierfotografie kommen aber bevorzugt auch Objektive mit Lichtstärken von 1:4, 1:5,6 und bei Verwendung eines Extenders auch mit 1:8 zum Einsatz. Das neue AF-System der EOS 1DX meistert auch mit diesen Objektiven die AF-Steuerung schnell und präzise. Dazu verwendet sie einen AF-Sensor mit 61 Messfeldern, der auch unter widrigen Bedingungen Objekte präzise verfolgt und die Schärfe in rasantem Tempo nachführt. Das System wurde hinsichtlich optischer und mechanischer Genauigkeit optimiert, so dass nun auch für weniger lichtstarke Objektive eine beschleunigte und genauere Scharfstellung zur Verfügung steht.
Überhaupt kann der Fotograf individuell die automatische Scharfstellung präzise für seine Arbeitsweisen und Aufgabenstellungen konfigurieren. Dazu bietet die EOS 1DX eine neue AF-Menustruktur sowie eine einfache Hilfefunktion für alle wichtigen Einstellungen. Ein AF-Konfigurations Tool unterstützt die Fotografen bei der Wahl der optimalen Parameter für die unterschiedlichen Sport- oder Bewegungsarten. Mit einem Tastendruck kann der Fotograf wieder auf die Standardeinstellung zurückkehren. Andererseits kann sich die Kamera die Feinabstimmung für den Einsatz eines bestimmten Motivs merken und wieder einsteuern. Das erweist sich besonders praktisch bei Poolobjektiven, etwa in Agenturen, wo mehrere Fotografen auf einen Objektivpool zugreifen.
Aber auch an der Ergonomie haben die Canon Ingenieure gebastelt. Der Wechsel von Quer- auf Hochformat wurde in doppelter Hinsicht nochmals komfortabler. Einmal durch die für beide Ausrichtungen vorhandenen komfortablen Bedienknöpfe und Tasten sowie zum anderen durch die automatische Anpassung von Messfeldern und Sucheranzeigen auf Basis der automatischen Ausrichtungserkennung über die integrierten Gyrosensoren.
Ab April soll die finale Version der Kamera verfügbar sein. Die Bildberichterstattung über die Fußball Europameisterschaft und die Olympiade im Sommer 2012 wird sicherlich von dieser außerordentlichen Kamera mitgeprägt werden.