Eine gültige Antwort auf die Frage nach der umsatzsteigernden Wirkung der vorweihnachtlichen Rabattaktionen der Fotoindustrie werden Sie wohl nie bekommen. Warum? Weil im Weihnachtsgeschäft die Umsätze immer höher sind als im übrigen Jahr – und das ist der schönen Tradition in dieser Zeit sich oder andere beschenken zu wollen geschuldet. Ob der Jagdinstinkt für Schnäppchen der deutschen Verbraucher durch besonders hohe Rabatte nochmals gesteigert wird, ist schwer auszumachen, da es keinen Vergleich gibt. Was aber mit Sicherheit im Zuge der Rabattschlachten beschädigt wird, ist das Gefühl, etwas Wertvolles geschenkt zu haben oder geschenkt zu bekommen.
Es ist eben ein Unterschied beim Freude Schenken, ob man sagen kann, dass man sich dafür ganz schön nach der Decke strecken musste oder beiläufig erwähnt, dass es sich um ein Schnäppchen handelt, wo es einem leicht fiel, zuzuschlagen.
Neulich bei der exklusiven Luxusgütermesse Highlights in München überraschte eine junge Dame aus dem Designerteam der Edelmarke Rolls Royce mit der Bemerkung, ihre Großeltern hätten immer gesagt, sie seien zu arm, um sich etwas Billiges leisten zu können. Eine bekannte aber deswegen gerade in unserer Wegwerfgesellschaft nicht weniger gültige Aussage.
Danach gefragt, welche Kriterien denn für sie als Designerin zu den wichtigsten zählten, kam wie aus der Pistole geschossen: „Das Material“.
Nun, über Geld und Rabatte werden Rolls Royce Kunden, mit ihrem Autoverkäufer wohl weniger zu reden haben als über die individuelle Ausstattung, zu der beispielsweise seit Neuestem eine spezielles, in das Armaturenbrett integriertes Lieblingskunstwerk des Besitzers gehört.
Nicht ‚da kann ich ihnen einen attraktiven Nachlass einräumen‘, sondern ‚darf es etwas mehr sein‘, heißt es hier im Kundengespräch.
Ja, die Kundenmentalität „Ich bin doch nicht blöd“ sitzt noch immer tief in den Köpfen deutscher Käufer. Aber inzwischen haben Viele auch die Erfahrung gemacht, dass die Freude an wertigen Geräten länger hält, wenn diese länger halten als der kurze Triumph, etwas günstiger ergattert zu haben.
Wovon wir reden? Schon seit einigen Tagen ist wieder die große Fotogeräte-Rabattschlacht für das Weihnachtsgeschäft 2019 im deutschen Fotofachhandel angelaufen. „Wer bietet mehr?“, genauer gesagt, wer verspricht mehr für weniger Geld? In marktschreierischen Anzeigen, Flyern und POS-Materialien werden die maximal erreichbaren Rabattsummen verkündet. Etwa ein Dutzend Rabattaktionen unterschiedlichster Hersteller finden sich auf den Webseiten zahlreicher Fotofachhändler.
Aktuelle Spitzenreiter sind vermutlich Canon und Sony mit Rabatten bis zu 1.000 Euro für ausgewählte Kameras und Objektive. Alles muss raus! Den Vogel dabei schießt Olympus ab. Noch ist die neue Kamera gar nicht auf dem Markt und schon wird sie verramscht: Bei Vorbestellungen bis zum 15. November 2019 kostet die neue Olympus OM-D E-M5 Mak III für Kurzentschlossene bereits 100 Euro weniger.
Die typischen Lockrufe lauten: Jetzt sparen! Vorteile sichern! Mehr für Weniger! Nirgends wird dabei auf die besonderen Eigenschaften der Produkte hingewiesen. Nicht was man ersteht, rückt hier in den Vordergrund sondern mit welchem Nachlass es zu haben ist. Angebote bei denen man nicht nein sagen kann. Die Freude über das Schnäppchen überstrahlt die über den Besitz. Und was viel schlimmer ist: Selten hält sie lange an!
Welcher Kamerahersteller preist schon die Verarbeitung seiner Produkte, die Besonderheit des Materials, die Wertbeständigkeit oder gar die Freude daran, damit zu fotografieren? Werterhalt ist kein Thema. Werteverfall Normalität. Zugegeben: Bei welcher Kameramarke kann der Verkäufer Argumente wie die besondere Alterungsfähigkeit des Materials, das die Geräte nach Jahren trotz oder gerade wegen der Spuren des Gebrauchs attraktiv ausschauen lässt, ins Feld führen?
Über Rabattschlachten wird die Kameraindustrie nicht zu retten sein und auch nicht damit, dass sie Ihre Produkte schnelllebiger macht und versucht die Funktionalitäten denen der Smartphones anzupassen. Kameras und Objektive sind kreative Werkzeuge für Menschen, die Freude daran haben, sich und ihre Sicht auf die Welt in aufmerksamkeitsstarken Bildern auszudrücken. Dabei spielt das Erlebnis auf dem Weg dahin, die Begeisterung für das verwendete Werkzeug und die Tatsache es sich erobert zu haben ebenso eine wesentliche Rolle als die Motivation wie das Bild im Kopf realisiert werden soll. Für frohe Weihnachten bei Fotografen sorgen weniger die wie Herbstblätter fallenden Preise, sondern die Zufriedenheit darüber, sich das Werkzeug geleistet zu haben, für das man alle anderen Wünsche zurückstellen musste!
Heiner Henninges
Falls Sie schon von einer bestimmten Kamera träumen, können Sie ja mal unter den folgenden Links nachschauen, ob es sie zufällig auch zum Schnäppchenpreis mit Sofortrabatt gibt.
Hier unsere aktuelle Hitliste der Rabatte (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Canon maximal 1000 Euro
Sony maximal 1000 Euro
Fujifilm maximal 600 Euro
Nikon maximal 400 Euro
Panasonic 400 Euro
Pentax maximal 200 Euro
Olympus maximal 500 Euro