Fotoausstellungen
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John Huston, Marilyn Monroe, Clark Gable, Montgomery Clift, Eli Wallach and Arthur Miller on the set of “The Misfits”, Reno, Nevada, USA, 1960 |
Mit einer Vielfalt an besonderen Ausstellungen feiert die Bundeshauptstadt im Rahmen der Berlin Photo Week das 75-jährige Jubiläum der legendären Fotografen-Agentur Magnum Photos:
Ein besonderes Highlight zeigt die Helmut Newton Foundationmit der Ausstellung Magnum Photos: The Misfits (3. September – 20. November 2022): Arthur Millers berühmtes Stück wurde 1960 von Star-Regisseur John Huston in Starbesetzung verfilmt. Fast alle damaligen Magnum Mitglieder haben damals am Set fotografiert und weltberühmte Bilder aufgenommen, die anlässlich des Agentur-Jubiläums in Berlin gezeigt werden.
Alec Soth |
Bilder am Set: Die einfühlsam fotografierten Bilder rund um die The-Misfits-Produktion sind im wahrsten Sinne des Wortes “Blicke hinter die Kulissen”. So sieht man Marilyn Monroe in einer Aufnahme von Inge Morath, wie sie sich auf ihren Text konzentriert. Oder Montgomery Clift im Fonds eines Autos, aufgenommen von Dennis Stock. Ein weiteres Beispiel ist die berühmte Gruppenaufnahme mit den Schauspielern und Schauspielerinnen am Set, flankiert vom Regisseur und Autor, fotografiert von Elliott Erwitt. Darüber hinaus vereint die Ausstellung auch Aufnahmen von Henri Cartier-Bresson, Bruce Davidson, Cornell Capa, Ernst Haas, und Erich Hartmann. Kurzum: Die Ausstellung repräsentiert ein Who’s Who der damaligen (und heutigen) Fotografen-Legenden. Mit der Präsentation Magnum Photos: The Misfits feiert die Helmut Newton Stiftung den 75. Geburtstag der Fotoagentur. Im Rahmen der Berlin Photo Week finden zahlreiche weitere Veranstaltungen mit Mitgliedern der legendären Kooperative in Berlin statt. (Matthias Harder)
Myriam Boulos |
Ein weiteres Highlight ist die Ausstellung Jetzt: Magnum Photos in den Reinbeckhallen (3. September bis 20. November 2022); es handelt sich umeine kuratorische Bestandsaufnahme ikonischer Magnum Bilder sowie ein perspektivischer Blick auf aktuelle Arbeiten der Magnum FotografInnen. Es wird gezeigt, wie sie durch neue Arbeitsweisen ein Publikum erreichen, welches sich nicht nur für Magnum Photos interessiert, sondern auch für zeitgenössische Themen und deren fotografische Darstellung.
Magnum photographers at their annual general meeting interviewed by Arlene Francis for the NBC "Home Show". Erich HARTMANN, Inge MORATH, Ernst HAAS, Dennis STOCK, Burt GLINN, Eve ARNOLD et Henri CARTIER-BRESSON (on the swing). 1955. © Magnum Collection/Magnum Photos |
Diese Ausstellung ist das Ergebnis einer aktuellen Neuorientierung der Fotografen-Agentur und richtet einen perspektivischen Blick auf die Gegenwart der kurz nach dem zweiten Weltkrieg gegründeten Institution. Es wird gezeigt, wie sich die Agentur und die Fotografie in den letzten Jahren verändert hat und wie dies unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen über Länder und Kontinente hinweg zum Ausdruck bringt. Jetzt: Magnum Photos wird laufende und aktuelle Projekte von 20 FotografInnen - Khalik Allah, Olivia Arthur, Jonas Bendiksen, Myriam Boulos, Sabiha Çimen, Carolyn Drake, Gregory Halpern, Sohrab Hura, Alex Majoli, Cristina de Middel, Rafal Milach, Emin Özmen, Mark Power, Hannah Price, Alessandra Sanguinetti, Lindokuhle Sobekwa, Alec Soth, Mikhael Subotzky und Newsha Tavakolian - zeigen. Jede Position fordert die Betrachtenden auf, nicht nur darüber nachzudenken, wie sich fotografische Genres wie der Fotojournalismus verändern, sondern auch über die Rolle der Fotografie heute, sei es durch die Ergänzung von fiktiven und nicht-fiktiven Texten oder durch die Einbeziehung von Film, Ton, Architektur und Textilien. Mit der von Dr. Candice M. Hamelin kuratierten Ausstellung leistet die Stiftung Reinbeckhallen einen Beitrag zur vierten Ausgabe der Berlin Photo Week (2. bis 4. September). Die Gruppenausstellung wird von einem Rahmenprogramm begleitet, das Vorträge, Filmvorführungen und Workshops umfasst.
Die Berlin Photo Week findet seit 2018 in Berlin statt und versteht sich als Imaging Festival für alle, die Fotografie lieben. Die Intention der Berlin Photo Week liegt darin, Fotografie als Kulturgut auf der einen und als gesellschaftlich relevantes Massenphänomen auf der anderen Seite zu definieren und zu zeigen. Der Schwerpunkt liegt dementsprechend auf der Schaffung außergewöhnlicher Foto-Momente durch Funplaces, Fotowalks und Workshops sowie auf inspirierenden Angeboten wie Ausstellungen, Konferenzen, Talks, Networking-Events und Bilderschauen. Die B´Berlin Photo Week ist enger Partner der gleichzeitig stattfindenden internationalen Consumer Electronics Messe IFA (2. bis 6. September auf dem Messegelände Berlin).
Mehr Informationen unter:
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Fotograf unbekannt - Agfa Rohpapierlager 1956 Sammlung Agfa Museum Ludwig Köln
Seit ihrer Erfindung ist die Fotografie von der Gewinnung und der Ausbeutung so genannter natürlicher Rohstoffe abhängig. Im 19. Jahrhundert waren es Salz, Kupfer und Silber, die für die ersten Fotografien auf Kupferplatten und für Salzpapierabzüge genutzt wurden. Mit dem Aufkommen der Silbergelatineabzüge im späten 20. Jahrhundert wurde die Fotoindustrie mit etwa einem Viertel des weltweiten Verbrauchs zur wichtigsten Abnehmerin für Silber. Im Zeitalter der digitalen Fotografie und der Smartphones ist die Bildproduktion auf seltene Erden und Metalle wie Koltan, Kobalt und Europium angewiesen. Die Speicherung der Bilder und ihre Distribution produzieren zudem großen Mengen an CO2.
Photography Mary Mattingly - Mineral Seep 2016
Photography Ignacio Acosta Computer Aid
Anhand historischer Fotografien und zeitgenössischer künstlerischer Positionen sowie Interviews mit Restaurator*innen, Geolog*innen und Klimaforscher*innen erzählt sie die Geschichte der Fotografie als eine Geschichte der industriellen Fertigung und zeigt, dass das Medium tief in die vom Menschen verursachten Veränderungen der Natur verwickelt ist.
Fotograf unbekannt - Silberbarren im Tresor 1945 Kodak Collection, Eastman Kodak Company
Photography John Cooper - Minenarbeiterin 1860er Jahre Trinity College Library Cambridge
Beteiligte Künstler*innen: Ignacio Acosta, F&?D Cartier, Optics Division of the Metabolic Studio (Lauren Bon, Tristan Duke, Richard Nielsen), Susanne Kriemann, Mary Mattingly, Daphné Nan Le Sergent, Lisa Rave, Alison Rossiter, Robert Smithson, Simon Starling, Anaïs Tondeur, James Welling, Noa Yafe, Tobias Zielony
Die Ausstellung wird kuratiert von dem Künstler, Autor und Kurator Boaz Levin und Dr. Esther Ruelfs, Leiterin der Sammlung Fotografie und neue Medien am MK&G.
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Sie wachsen fast allen Menschen, sobald die Phase der Kindheit vorüber ist. Und sie sind so natürlich, wie es Natur nur sein kann. Doch sie erfreuen sich eines zweifelhaften Rufs. Gemeint sind die Achselhaare. Für die meisten gehören sie zur selbstverständlichen Ausstattung ihres Körpers. Sie schenken ihnen keine besondere Aufmerksamkeit. Andere, vor allem jüngere, rücken den Achselhaaren dagegen mit dem Rasiermesser zu Leibe. Sie betrachten sie als Makel, der beseitigt werden muss. Schon die Elite im alten Rom vermied es peinlichst, sie öffentlich zu zeigen.
Ben Hopper - Maya Felix for Natural Beauty
Seit in den Siebziger- und Achtzigerjahren weitgehend textilfreies Sonnenbaden in der westlichen Welt Mode geworden ist, gelten Achselhaare als unfein und in manchen Augen sogar als schmuddelig. Kurzschlüsse auf den Charakter ihrer Träger liegen nahe. Sie beschädigen das perfekte Körperbild, das die einschlägigen Hochglanz-Magazine verbreiten. Den unsichtbaren, jedoch suggestiv zwingenden Imperativen der Mode, die sie Bild werden lassen, gehorchen mittlerweile nicht nur Frauen, sondern in wachsendem Maße auch Männer. Entgegen dem dringenden Rat von Medizinern schreiten sie vor jeder Urlaubssaison zur radikalen Prozedur der systematischen Körperenthaarung.
Ana Lucia Lucana - Marysand
Helmut Newton - Portrait of Violetta 1979
Einer, der in der Praxis des Epilierens eine weitgehenden De-Naturisierung des menschlichen Körpers erblickt, ist Michael Horbach; ein bedeutender Sammler fotografischer Bilder, selbst Fotograf und oft auch Kurator von gelobten Ausstellungen in seinen weitläufigen Räumen. Ein Teil seiner fotografischen Sammlung ist dem scheinbaren Randthema Achselhaare gewidmet, das sich gerade in der Verdichtung durch die Anzahl bemerkenswerter Bilder als weniger randständig denn auf den ersten Blick vermutet entpuppt. Vielmehr entfalten die Bilder der Sammlung dank ihrer Menge vielfältige Referenzen auf tiefergehende kulturelle, soziale und auch politische Zusammenhänge. Sie entwerfen in ihrer Beziehung auf- und zueinander zugleich ein eindrucksvolles und obendrein attraktives Gegenbild zu dem vorherrschenden Schönheitsideal der modernen Wohlstandsgesellschaft. Klaus Honnef, als Kurator der Ausstellung und Herausgeber eines umfangreichen Kataloges, hat dem ungewöhnlichen Thema den Titel „Unverschämte Schönheit“ gegeben.
Edward Weston - Nude 1937
Will McBride - „Zeig mal!“ München 1970
Bilder von Fotografinnen und Fotografen mit berühmten Namen haben das Gegenbild der „Unverschämte(n) Schönheit“ ins Werk gesetzt. Samt und sonders stammen sie aus der Sammlung Horbachs und zeigen, dass das Epilieren, ein vergleichsweise neues Phänomen ist. Der Zeitraum der Ausstellung erstreckt sich auf die letzten hundert Jahre, und in den Bildern der Pioniere, die das Medium Fotografie in den Zwanzigerjahren zum künstlerischen Ausdrucksmittel gemacht haben, finden sie sich wie selbstverständlich. Zum Beispiel (in der chronologischen Reihenfolge) bei Germaine Krull, Man Ray, Heinz Hajek-Halke, Edward Weston und Tim Gidal ebenso wie in der Nachkriegszeit bei Federico Patellani, Mario de Biasi und Lucien Clerque, und „natürlich“ Helmut Newton, der den Sex in die Modefotografie eingebracht hat. Desgleichen noch bei Lee Friedlander, Olaf Martens, Birgit Kleber, Marlo Broekmans und Annette Frick. Bei den beiden zuletzt genannten Künstlerinnen verstehen sie sich gleichzeitig als Statement ihrer körperlichen Autonomie.
Franco Fontana - o.T. 1984
Die Bilder der bekannten und weniger bekannten Fotografinnen und Fotografen versammeln zahlreiche Gattungen des Fotografischen, vom Porträt bis zum Akt, von der journalistischen Fotografie bis zur modernen Kunstfotografie. Dabei feiert die Erotik der Körper gerade vor der Folie einer sterilen Magazin-Fotografie ein faszinierendes Comeback, als ur-menschliches und ur-natürliches Element.
Man Ray - Erotique Voilée Meret Oppenheim
Erwähnenswert ist ferner, dass in Sammlung und Ausstellung zahlreiche Künstlerinnen und Fotografinnen vertreten sind. Erheblich mehr als in üblichen fotografischen Ausstellungen. Namentlich ihren Arbeiten verdankt sich der dramatische Wandel in der fotografischen Einstellung, weg vom beobachtenden männlichen Blick aus der Distanz hin zu einer visuellen Teilhabe an der leiblichen Ausdruckskraft des Körpers durch erhöhte Intensität.
So wirken die „Bilder der Achselhaare“ in der korrespondierenden Zusammenschau wie ein wunderbares Spiegel-Mosaik der faszinierenden und wechselfreudigen Mannigfaltigkeit der fotografischen Kunst vor dem Hintergrund sozialer, kultureller, politischer, ökonomischer und wissenschaftlicher Umwälzungen in der Abenddämmerung der Moderne. Und weil es so unzeitgemäß erscheint, fällt es umso nachhaltiger aus.
Text: Klaus Honnef
Michael Horbach Stiftung Wormser Straße 23, 50677 Köln
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Rheinisches Bildarchiv Köln |
Raghubir Singh Ein Geschäft für Zigaretten und Tee in Süd-Kalkutta,1987 Museum Ludwig, Köln |
Der indische Fotograf Raghubir Singh (1942–1999) kehrte immer wieder nach Kolkata (bis 2001 Kalkutta) zurück und erstellte über die Jahre ein komplexes und vielschichtiges Fotoporträt der Metropole. Aufgewachsen in Jaipur, der Hauptstadt des indischen Bundesstaates Rajasthan, besuchte Singh Kolkata 1961 das erste Mal. In den frühen 1970er Jahren lebte er noch in Jaipur; danach verlegte er seinen Lebensmittelpunkt nach Hongkong und Paris; später lebte er in London und New York. Vor allem in seinen Straßenansichten verdichtet Singh die vielfachen Eindrücke Kolkatas in farblich und kompositorisch beeindruckenden Fotografien. Die Farbigkeit ist für Singh kennzeichnend für Geografie und Kultur Indiens. In seinen Fotografien wird mit ihrer Hilfe die Aufmerksamkeit über das ganze Bild verteilt, sodass Vorder-und Hintergrund häufig wie auf einer Ebene erscheinen. Die unterschiedlichen historischen Zeitschichten sind auf diese Weise in der Fotografie gleichermaßen vergegenwärtigt. Singhs Fotografien sind die Hommage eines Kosmopoliten an eine kosmopolitische Stadt.
Raghubir Singh Innenhof eines alten Hauses, Kalkutta,1971-1972 Museum Ludwig, Köln |
Im Fotoraum präsentiert das Museum Ludwig zwölf Fotografien aus der „Kalkutta“-Serie von Singh, die sich seit 2017 in seiner Sammlung befinden. In der Präsentation sind sie um fünf Fotografien von Henri Cartier-Bresson ergänzt, die dieser während seiner Indien-Reise 1947 aufnahm. Die Zitate aus der Einführung von R.P. Gupta zu Calcutta. The Home and the Street von 1988sowie aus Singhs einführendem Text zu River of Colour: The India of Raghubir Singh von 1998 kommentieren seine Aufnahmen sowie diejenigen Cartier-Bressons und verdeutlichen seine fotografische Haltung.
Raghubir Singh |
Raghubir Singh begann in den 1960er Jahren als Fotojournalist für indische und internationale Publikationen zu arbeiten wie National Geographic, Life, Time und New York Times. Bereits als Schulkind entdeckte er Henri Cartier-Bressons Fotobuch Beautiful Jaipur. 1966 begegnete er Cartier-Bresson, der einen wichtigen Einfluss auf seine Arbeitsweise hatte, erstmals persönlich. Wie diesem ging es auch Singh darum, die Momenthaftigkeit des Augenblicks mit kompositorischer Strenge zu verbinden. Anders als sein Vorbild entschied er sich aber sehr früh für die Farbfotografie. In seinem grundlegenden Text „River of Colour: An Indian View“ erläutert Singh 1998, inwieweit die Wertschätzung der Farbe in der indischen Ästhetik und Kulturgeschichte begründet liegt und die Ablehnung der Farbfotografie als vulgär (Walker Evans) im westlichen Wertesystem verankert ist. Zugleich stehe das Sehen nicht wie in der westlichen Tradition für eine distanzierte Wahrnehmung, sondern für eine, bei der die Sensualität des Tastsinns und Gemeinsinns enthalten ist. Es war nicht Singhs Interesse, mit der Farbfotografie einen neuen Stil als Antwort auf die modernistische Fotografie eines Cartier-Bresson, Andre Kertesz‘ oder auch Lee Friedlander zu begründen. Vielmehr wollte er die Fotografie aus indischer Perspektive prägen.
Raghubir Singh Ein Bräutigam und seine Begleiter, aus der Gemeinschaft der Marwari, Kalkutta, 1968 Museum Ludwig, Köln |
„Western modernism in photography will in time be broadened, by non-Western artists through a fine disregard of the philosophical stance of the West and of the related rules of the game", so Singhs Überzeugung.
In diesem Sinne entwickelte Singh um 1980 eine fotografische Haltung, die die Merkmale der Street photography, wie Schnappschussästhetik und ungewöhnliche Bildausschnitte, einsetzte, ohne sich jedoch von den gewählten Sujets als „entfremdete und verworfene" - so Singh - zu distanzieren. Die Intensität der Farbfotografien von Singh beruht wesentlich auf seiner Fähigkeit, der modernistischen Fotografie in diesem Sinne eine neue Wendung zu geben.
Raghubir Singh Shitala (indische Pockengöttin) und Lingams aus Stein, zu Zwecken der Andacht, Kalkutta, 1988 Museum Ludwig, Köln |
Singh nutzte den Ausschnitt, um Alltagssituationen im öffentlichen Raum als verdichtete Ereignisse zu vermitteln, wie zum Beispiel eine Auseinandersetzung im Straßenverkehr oder der Handel vor der Börse. Auf einer Aufnahme von Gläubigen, die das Durga Puja Fest im Kali Tempel Komplex feiern, ist ein Auto zentral ins Bild gesetzt; es wird dadurch gleichbedeutend mit der religiösen Szene und nimmt ihr die Zeitlosigkeit. In der Aufnahme eines Zigaretten- und Teeladens entsteht durch eine Trennwand und einen eingezogenen Boden eine Bild-im Bildkonstruktion, die zur genauen Betrachtung der Fotografie herausfordert.
In vielen Fotografien bringt Singh Alt und Neu, Geschichte und Jetztzeit in ein spannungsvolles Verhältnis, so zum Beispiel in der Aufnahme des Innenhofs eines herrschaftlichen Gebäudes, in der die alte koloniale Welt korinthischer Säulen und einer neoklassizistischen Venusdarstellung mit Rindern, Hühnern und Katze belebt ist.
Die Fotografien der „Kalkutta"-Serie vermitteln Singhs genaue Kenntnis der Metropole und ihrer langen Geschichte, die von der sogenannten bengalischen Renaissance geprägt war - einer Reformbewegung Intellektueller Anfang des 19 Jahrhunderts, die kulturellen, sozialen und politischen Wandel initiierten. Zu ihnen gehörte der Dichter, Musiker und Philosoph Rabindranath Tagore, dem Singh in Fotografien wie dem ehemaligen Musikzimmer im Hause der Gosh-Familie Tribut zollt. Eine andere Fotografie zeigt zwei Hausangestellte, die getrennt von den anderen Gästen einem Konzert von Tagore-Liedern lauschen. Von Singhs Porträts aus der „Kalkutta"-Serie ist eine Aufnahme des Filmemachers Satyajit Ray ausgestellt. Singh sah in dessen Filmen ein Vorbild für die gelungene Weiterentwicklung der Verbindung von Ost und West, wie sie bereits in der bengalischen Renaissance angelegt war.
Raghubir Singh hat 13 Fotobücher veröffentlicht und ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden. Werke von Singh befinden sich beispielsweise im Metropolitan Museum of Art, Museum of Modern Art und dem Art Institute Chicago.
Kuratorin: Barbara Engelbach
Web und Social Media
Zur Ausstellung kommuniziert das Museum Ludwig auf seinen Social-Media-Kanälen mit dem Hashtag # RaghubirSingh
Facebook/lnstagram/Twitter/Vimeo: @Museumludwig - www.museum-ludwig.de
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"Ergun Çagatay - Wir sind von hier. Türkisch-deutsches Leben 1990." ist ein Ausstellungsprojekt des Ruhr Museums, Essen in Kooperation mit dem Goethe-Institut, Istanbul, dem Museum für Hamburgische Geschichte und dem Museum Europäischer Kulturen – Staatliche Museen zu Berlin
Türkische Fraueninitiative auf der Kundgebung gegen
den Entwurf des neuen Ausländergesetzes, Hamburg, 31. März 1990
© Ergun Çagatay/Fotoarchiv Ruhr
Museum/Stadtmuseum Berlin/Stiftung Historische Museen Hamburg
Kinder vor einem Hauseingang, Berlin-Kreuzberg
© Ergun Cagatay /Fotoarchiv Ruhr
Museum/Stadtmuseum Berlin/Stiftung Historische Museen Hamburg
Historische Straßenbahn des Typs 3344 im Pendelverkehr vor dem Türkischen Basar,
Bahnsteighalle des stillgelegten Jugendstil-Hochbahnhofs Bülowstraße, Berlin-Schöneberg
© Ergun Cagatay /Fotoarchiv Ruhr Museum/Stadtmuseum Berlin/Stiftung
Historische Museen Hamburg
Nach Stationen in Essen, Istanbul und Hamburg nimmt die Ausstellung die Besucher*innen mit auf Çagatays Reise von Hamburg über Köln und Werl nach Berlin und zurück in den Westen nach Duisburg. Neben den ortsspezifischen Arbeits- und Lebensbedingungen deutsch-türkischer Communities in diesen Städten fanden auch politische Themen immer wieder Eingang in Çagatays Motivauswahl. So dokumentierte er etwa die migrantischen Kämpfe um gesellschaftliche Teilhabe dieser Zeit. In verschiedenen Fotografien deutete er zudem den gesellschaftlichen Rechts-Ruck an.
Wartesaal mit Nummern-Aufrufanlage, Ausländerbehörde im Bieber-Haus, Hamburg-St. Georg
© Ergun Çagatay /Fotoarchiv Ruhr Museum/Stadtmuseum Berlin/Stiftung
Historische Museen Hamburg
Selbstbildnis des Fotojournalisten Ergun Ça?atay in Grubenkleidung vor Beginn der Anfahrt,
Bergwerk Walsum, Duisburg
© Ergun Çagatay/Fotoarchiv Ruhr Museum/Stadtmuseum
Berlin/Stiftung Historische Museen Hamburg
Rund 30 Jahre nach dem Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei entstanden, sind Ergun Çagatays F-tos inzwischen wichtige zeithistorische Dokumente. Sie bieten eine not-wendige Ergänzung zum herrschenden Narrativ der politischen und gesellschaftlichen Umbrüche der Wendejahre. Die Geschichten von Mig-rant*innen spielen hierbei nach wie vor viel zu selten eine Rolle. Im Be-gleitprogramm zur Ausstellung möchte das MEK deshalb den Raum für diese Perspektiven öffnen: Tandemführungen mit den portraitierten Personen sowie Erzählcafés werden persönliche Einblicke und Möglichkeiten zum Dialog bieten. Zum 3. Oktober wird darüber hinaus die seit mehr als 60 Jahren gewachsene deutsch-türkische Geschichte mit einem Kulturtag gefeiert.
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Toni Schneiders (1920-2006), Lichtspuren, Dom / Hamburg, 1950
Sammlung Stiftung F.C. Gundlach
Courtesy: Stiftung F.C. Gundlach,
Hamburg, © Nachlass Toni Schneiders, Stiftung F.C. Gundlach
Toni Schneiders ist einer der stilprägenden Fotografen Deutschlands nach 1945. Mit seinen feinsinnigen Aufnahmen hat er entscheidend dazu beigetragen, die Bildsprache der fotografischen Avantgarde der 1950er Jahre zu erweitern. Als Mitbegründer der Fotografengruppe »fotoform« 1949 und als Teil der Bewegung »subjektive fotografie« seit 1952 entwickelte er eine eigene Bildästhetik, die unter Wahrung des Wirklichkeitsbezuges der individuellen Gestaltung und autonomen Bildwirklichkeit weiten Raum einräumt. Diese Betonung formaler Qualitäten und Mittel übertrug Toni Schneiders auch auf seine Reisefotografien aus aller Welt. Mit der Befreiung des fotografischen Ausdrucks begründeten Toni Schneiders und seine Weggefährten in der Nachkriegszeit eine Tradition, die bis in die aktuelle Fotografie hinein reicht.
Toni Schneiders (1920-2006), Ein Mann allein, Kempten, 1951
Sammlung Stiftung F.C.- Gundlach
Courtesy: Stiftung F.C. Gundlach, Hamburg, © Nachlass Toni Schneiders, Stiftung F.C. Gundlach
Möglich geworden ist die Retrospektive sowohl durch die Mitwirkung der Tochter des Fotografen, Ulrike Schneiders, deren Kenntnis des Œuvres bei der Entstehung von Ausstellung und Buch von großer Hilfe war, als auch durch die wissenschaftliche Expertise von Sebastian Lux und Franziska Mecklenburg von der Stiftung F.C. Gundlach, die die Ausstellung unter Mitwirkung von Christoph Bauer vom Kunstmuseum Singen kuratieren. Längst sind viele der Schwarz-Weiß Aufnahmen von Toni Schneiders Klassiker der modernen Fotografie geworden. In der aktuellen Schau sind darüber hinaus erstmals bislang unveröffentlichte Motive aus dem Negativarchiv zu sehen.
Toni Schneiders (1920-2006), Wassertropfen, 1960
Sammlung Stiftung F.C. Gundlach
Courtesy: Stiftung F.C. Gundlach, Hamburg, © Nachlass Toni Schneiders, Stiftung F.C. Gundlach
Wirklichkeitsbezug und Gestaltungswillen – mit diesem doppelten Anspruch nimmt Toni Schneiders eine vermittelnde Position zwischen sachlich-dokumentarischer Darstellung und formalem Schaffen ein. »Einfach, klar und wahr«, so Toni Schneiders, sollte eine zeitlos gültige Aufnahme sein. Für seine präzise komponierten Aufnahmen fand er die Schönheit der grafischen Form in den einfachen Dingen in der Natur, in der Landschaft und im Alltag der Menschen. Mit bedingungslos fotografischem Blick wählte er Bildausschnitte, hob Linien, Konturen und Strukturen hervor und arbeitete einfühlsam mit vorhandenem Licht. In seinem unmittelbaren Lebensumfeld im Alpenvorland und auf Reisen in aller Welt hielt Toni Schneiders markante Momente der Wirklichkeit und des Lebens fest, deren Protagonist ein Mensch, ein Objekt oder eine Landschaft sein konnten.
Toni Schneiders (1920-2006), Ein Mann allein, Kempten, 1951
Sammlung Stiftung F.C.- Gundlach
Courtesy: Stiftung F.C. Gundlach, Hamburg, © Nachlass Toni Schneiders, Stiftung F.C. Gundlach
Bei aller Strenge in der Bildästhetik lassen seine Motive immer wieder die Anteilnahme des Fotografen erkennen. Mit Humor und Sensibilität setzte er sein Lebenswerk in eine menschliche Perspektive. Entschieden lotete Schneiders die Potentiale der Fotografie aus, pointierte Tonabstufungen vom höchsten Spitzenlicht bis zum tiefsten Kernschatten, entschlossene Nachbearbeitung in der Dunkelkammer und kontrastreiche Abzüge zählten zu seinem Repertoire. Im Gegensatz aber zu manch anderem Vertreter der »subjektiven fotografie« lehnte Schneiders für sich aufwendige Arrangements oder Inszenierungen, surreale Verfremdungen, Dunkelkammer-Experimente und abstrakte Fotografik ab.
Toni Schneiders (1920-2006), Weiß auf Schwarz, Bleder See / Jugoslawien, 1965
Sammlung Stiftung F.C. Gundlach
Courtesy: Stiftung F.C. Gundlach, Hamburg, © Nachlass Toni Schneiders, Stiftung F.C. Gundlach
Seit den 1950er- Jahren entwarf Toni Schneiders nicht nur mit seinen Einzelaufnahmen, sondern auch mit seinen Fotostrecken für Fotobildbände ein neues Bild vom Bodenseeraum und Alpenvorland. Der aufkommende Tourismus und der Aufschwung des Verlags- und Zeitschriftenmarktes eröffneten dem Autorenfotografen reiche Möglichkeiten.
Toni Schneiders' Weggefährte Peter Keetman, mit dem ihn eine jahrzehntelange Freundschaft und ein steter Austausch zu allen Fragen der Fotografie verband, beschrieb 1999 Schneiders' Haltung wie folgt: »Toni Schneiders' herzerfrischende Art mit Menschen umzugehen, stand und steht seiner zurückhaltenden Bescheidenheit gegenüber. Soweit es sein eigenes Werk betrifft, und wenn er etwas ergreift und beginnt, so entsteht daraus – schlicht gesagt – photographische Kammermusik«.
Kunstmuseum Singen, Ekkehardstraße 10, Singen
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Johanna Maria Fritz aus der Serie Im Garten ein Grab
In ihren Bildern erfassen die Fotografiinnen Fragmente dieses unglaublichen Angriffs: Sie zeigen individuelle Schicksale von Betroffenen und geben Einblicke in deren aktuelle Lebenswelt. Dabei liegt ihr Fokus darauf, die ganz persönlichen Erlebnisse und die Einzelschicksale der Portraitierten sowie Momentaufnahmen der letzten Wochen und Monate zu zeigen - exemplarisch für so viele tragische Leidensgeschichten und Facetten dieses Krieges.
Johanna Maria Fritz aus der Serie Im Garten ein Grab
Die OSTKREUZ Fotografin Johanna-Maria Fritz war für ihre Serie „Im Garten ein Grab“ ungefiltert und nah bei den Menschen. Sie war dabei, als die Kriegsverbrechen von Butscha sichtbar wurden, sie sah und dokumentierte die Zerstörung in Kyiv und Irpin, sah das Grauen auf den Straßen, die Zerstörung des Krieges. Ihre Bilder sind bewegende Zeugnisse der aktuellen Tragödie. Über die Entstehung der Fotografien sagt sie: „Wir waren einen Tag nach der Befreiung fast die ersten Journalisten in Butscha, die den Ort besuchten. Die Menschen waren froh über das Ende der Besatzung, doch die Wunden des Krieges waren noch überall präsent. Erst nach der Befreiung begriffen die Bewohner:innen von Butscha das wirkliche Ausmaß des Terrors.“
Helena Lea Manhartsberger und Laila Sieber aus der Serie Wo man die Stille hören kann
Die Serie „Wo man die Stille hören kann“ von Helena Lea Manhartsberger und Laila Sieber ist ein einfühlsames Porträt der ersten Tage des Krieges abseits der Frontlinie.
Helena Lea Manhartsberger und Laila Sieber aus der Serie Wo man die Stille hören kann
Die beiden Fotografinnen traten ihre Reise in die Westukraine gemeinsam an. Sie begegneten dort Menschen, die mit der neuen Realität ganz unterschiedlich umgingen. Manche bereiteten sich darauf vor aus dem Land zu fliehen, andere darauf, ihre Heimat zu verteidigen und zu bleiben. In der Auseinandersetzung mit Einzelschicksalen wird die Komplexität des Krieges sichtbar. Über ihre Serie sagen sie: „Die Stille, die man hören kann, wird manchmal leiser, wenn in Gesprächen laut gelacht wird. Dann schreit sie wieder, wenn die Sorge um Verwandte, die noch auf der Flucht sind, einem die Sprache verschlägt. Aber sie ist in diesem Krieg eine ständige Begleiterin.“ Die beiden Fotografinnen begleiten den Weg der Flüchtenden bis heute - Videobotschaften erzählen die Geschichten in der Ausstellung weiter.
Die Ausstellung wurde kuratiert von Andy Heller und Mirja Linnekugel.
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V., Stresemannstr. 28, Berlin
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Sven Simon, Die "Dirndlgruppe" bei der Eröffnungsfeier
am 26. August 1972 im Münchner Olympia-Stadion, Fotografie, 1972
© IMAGO/Sven Simon
Am 26. April 1966 entschied das Olympische Komitee, die Spiele der XX. Olympiade 1972 nach München zu vergeben. Für die Landeshauptstadt war dies eine tiefgreifende Zäsur. Die damit verbundenen Ereignisse und Entwicklungen haben vielfältige Spuren in der Stadt hinterlassen. Das Münchner Stadtmuseum macht diese im Jubiläumsjahr im Stadtraum selbst sichtbar und lädt zu einer Olympischen Spurensuche ein. Erstmals begibt sich das Museum direkt an die historischen Orte des Geschehens. An etwa 20 ausgewählten, im Stadtraum verteilten Stationen werden Besonderheiten und Ereignisse hervorgehoben, die mit den Spielen in Zusammenhang stehen.
Unbekannt, Peter Trump (rechts) in Aktion beim Hockeyfinale BRD
gegen Pakistan am 10. September 1972, Fotografie, 1972
© IMAGO/Horstmüller
Sven Simon, Gold für die Bundesrepublik Deutschland (v.l.n.r.):
Annegret Richter, Ingrid Mickler-Becker, Heide Rosendahl und Christiane Krause
gewinnen die 4-mal-400 Meter-Staffel, Fotografie, 1972
© IMAGO/Sven Simon
Olympia '72 steht für weit mehr als die sportlichen Spitzenleistungen, die zwischen dem 26. August und dem 11. September 1972 erbracht wurden. Visionäre Zukunftsideen und Gesellschaftsentwürfe, politischer Gestaltungswille und nüchterner Pragmatismus sowie Begeisterung und Tragödie verdichten sich bei den Olympischen Spielen in München zu einem vielschichtigen Bild, das bei einer Tour durch die Stadt entdeckt werden möchte. An bekannten, aber auch längst in Vergessenheit geratenen und teils unerwarteten Orten wird vermittelt, welche Auswirkungen die Ausrichtung für die Stadt hatte: Sie hat sie nicht nur baulich und infrastrukturell entscheidend verändert, sondern auch in ideeller und gesellschaftlicher Hinsicht Zeichen gesetzt.
Herbert Michalke, Baumaßnahmen am Marienplatz zur Errichtung
der unterirdischen Stammstrecke für die S-Bahn, Fotografie, 1968
© Aldiami/Herbert Michalke/Timeline Images/Süddeutsche Zeitung Photo
Im Olympiapark entwarfen die Architekten die zentralen Sportstätten nicht als massive oder gar monumentale Einzelbauten, sondern als „Fortsetzung der Landschaft mit anderen Mitteln“. Stadion, Sport- und Schwimmhalle betteten sie in Mulden ein und überspannten sie mit einem transparenten Dach. In Abgrenzung zu den Olympischen Spielen in Berlin 1936 versinnbildlichte ihre Gestaltung konsequent demokratische Werte und machte sie in Form einer Landschaftsplastik erleb- und erfahrbar. Naheliegend ist daher eine Ausstellungsstation direkt auf dem Olympiaberg. Analoge und digitale Module der Station vermitteln die zukunftsweisende Olympia-Architektur und die gebaute Landschaft im Olympiapark – direkt an dem Ort, von dem aus das gesamte Ensemble zu sehen und seine Intention spürbar ist.
Unbekannt, Hans-Jochen Vogel (links) und Willi Daume (rechts) testen Telefonzellen
bei der Eröffnung des Pressezentrums auf dem Olympiagelände, Fotografie, 1972
© IMAGO/ZUMA Wire
Eine weitere Stele der Olympischen Spurensuche befindet sich am Nördlichen Schloßrondell. Mit dem Nymphenburger Schlosspark wurde eines der größten und bedeutendsten Gartenkunstwerke Deutschlands gezielt als Austragungsort für das Dressurreiten ausgewählt – aus heutiger Sicht kaum vorstellbar. Das reiche kulturelle Erbe Münchens sollte damit zum Erlebnis für das Publikum und die Olympionik*innen gleichermaßen werden. Historische Aufnahmen auf der Stele illustrieren die aufwendigen, temporären Aufbauten wie den 20 mal 60 Meter großen Wettkampfplatz und die zwei Zuschauertribünen. In unmittelbarer Nähe zum Originalschauplatz können Besucher*innen so Geschichte und Gegenwart direkt miteinander verknüpfen.
Otl Aicher/Elena Winschermann (Entwurf),
Olympia-Maskottchen "Waldi", 1972, Münchner Stadtmuseum © IOC
An 17 weiteren Standorten werden unter anderem Themen wie Nachhaltigkeit, das grafische Erscheinungsbild und dessen Vorbildfunktion für modernes Corporate Design, Migration, die Modernisierung sowie der Ausbau der Infrastruktur und das die Spiele prägende Attentat behandelt. Die Ausstellung ist bewusst direkt an die Orte des Geschehens verlegt und rund um die Uhr erlebbar. Die Stelen sind markant dort platziert, wo sie auch von Passant*innen oder Tourist*innen zufällig wahrgenommen werden können. Das Design der Stelen dient nicht nur als Trägermaterial für die Informationen, sondern bietet zudem Sitzmöglichkeiten an und lädt so die Besucher*innen zum Verweilen ein. Kurze Texte auf deutsch und englisch bieten Basisinformationen und Bildmaterial zum jeweiligen Thema. Ein QR-Code führt zu einer Vertiefungsebene: Die hinterlegte Website bietet weiterführende Informationen, Abbildungen und Filme, darunter auch Interviews mit Zeitzeug*innen. An neun ausgewählten Stationen sind die Besucher*innen selbst gefordert: Bei der #WaldiChallenge können sie sowohl ihr Wissen zu Olympia als auch ihr sportliches Können unter Beweis stellen.
Unbekannt, Protestplakat mit Fritz Teufel,
zeitweise Mitglied des Anti-Olympischen-Komitees,
Farboffsetdruck, um 1969 (Nachdruck 2012), Münchner Stadtmuseum
Stelen der Ausstellung befinden sich hier:
1 Ein Besuch mit Folgen | Marienplatz
2 »München plant und baut«: die Ringstraßen | Isartor
3 »München wird moderner« | Ungererstraße
4 »Im Windschatten der Olympiade« – die Fußgängerzone | Stachus
5 München ist Einwanderungsstadt | Hauptbahnhof
6 Nicht gradlinig, rechtwinklig, ernst – der Olympiapark | Olympiaberg
7 Münchens erster Olympiasieger | Olympiaberg
8 Die Stadt in der Stadt | Connollystraße
9 Die Abteilung XI. des Organisationskomitees | Saarstraße
10 Die »Edition Olympia« | Nymphenburger Straße
11 Münzen und Medaillen für Olympia | Pfisterstraße
12 »Fernseh-Olympia« | Connollystraße
13 »Es empfiehlt sich, ab jetzt nur noch zu lächeln« – die Eröffnung | Olympiaberg
14 Höfische Noblesse und Olympische Spiele | Nördliches Schloßrondell
15 Bogenschießen im Englischen Garten | Werneckwiese
16 »Bayern – Kunst und Kultur« | Münchner Stadtmuseum
17 »Weltkulturen und moderne Kunst« | Haus der Kunst
18 »Quartiere für die Jugend der Welt« | Kapuzinerhölzl
19 Heitere Spiele auf Kosten der Sicherheit? | Ettstraße
20 »Die heiteren Spiele sind zu Ende« – das Attentat | Connollystraße
21 Das Experiment »Spielstraße« | Olympiaberg
22 »Olympischer Sommer« | Odeonsplatz
23 »Internationales Folklorefestival« | Circus Krone
24 Vergessene Olympiaorte | Theresienhöhe
Kuratiert wird die Ausstellung von Henning Rader und Antonia Voit.
Begleitend zu dieser Ausstellung erscheint eine Publikation, die ab Anfang Juli kostenfrei im Münchner Stadtmuseum erhältlich ist.
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Karl Lagerfeld (1933-2019)
A Portrait of Dorian Gray, 2004, 8 Fotografien (Acryldruck)
je 70 x 50 cm
© The Estate of Karl Lagerfeld, Courtesy Steidl
Vielleicht ist ja alles ein Irrtum: Der körperliche Verfall, der geistige Abbau, das Alter, der Tod? Schließlich bietet die menschliche Vorstellungskraft eine Fülle von Auswegen, der körperlichen Vergänglichkeit zu entkommen. Schneewittchen bewahrt durch jahrelangen Schlaf seine Schönheit, Dorian Gray lässt ein Porträt altern statt seiner selbst, Ikarus überwindet mit Flügelprothesen die Grenzen seines Skeletts.
Installationsansicht 1
(Alex Van Gelder: „Louise Bourgeois at home in 2009“, Stefan Panhans:
„UP! UP!! UP!!!“, Juergen Teller: „Helen Mirren, London 2010“)
Foto: ERES-Stiftung, Thomas Dashuber
Der Wunsch des Menschen, seinem biologischen Körper zu entweichen, ist uralt. Und seine Erfüllung scheint durch Fortschritte in Gentechnologie und künstlicher Intelligenz greifbarer denn je. Die Entdeckung des „Unsterblichkeits-Gens“ FoxO3, potenzielle Steigerungsmöglichkeiten der Telomerase-Aktivitäten zur Verlangsamung des Alterns und neue Erkenntnisse der Epigenetik lassen auf eine deutliche Verlängerung der eigenen Lebensspanne und sogar der unserer Nachkommen hoffen. Unterstützt wird dieses Versprechen durch tragbare Gesundheitselektronik wie Smartwatches für bessere Kondition, Fitness-Ringe, die selbst den richtigen Empfängniszeitpunkt vorhersagen oder Schuheinlagen, die das Gleichgewicht dokumentieren. Dem quantifizierten Ego scheint die Zukunft zu gehören.
On and On and On, 2022
ABBA-Fotoalbum
Mixed-Media-Installation
Courtesy the artists, Privatsammlung
Foto: ERES-Stiftung, Thomas Dashuber
Tracker und Apps helfen dabei, den Körper tiefer und genauer zu vermessen, Makel rechtzeitig zu erkennen und eine gesunde Lebensführung angemessen zu belohnen – Datenmissbrauch eingepreist. Coaching-Angebote zur Selbstoptimierung sowie Schönheitsoperationen boomen. Lässt die Körperkraft nach, stehen modernste Prothesen und hilfreiche Entwicklungen aus der Robotik zur Verfügung. Exoskelette erweitern Wirbelsäule, Arme und Beine und ermöglichen körperliche Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter.
eres/colliders
On and On and On, 2022
Mixed-Media-Installation
4 Objekte, Digitaldruck hinter Acryl,
je 10 x 10 x 2 cm
Courtesy the artists
Foto: ERES-Stiftung, Thomas Dashuber
Techno-Utopisten aus dem Silicon Valley begreifen das Alter ohnehin als überwindbare Krankheit und sehen den biologischen Körper in seiner derzeitigen Form als fehleranfällig und von zu mühsamer Instandhaltungsrout ine gezeichnet an. So soll beispielsweise Googles biotechnologische Abteilung „Calico“ den Alterungsprozess lösen helfen. Noch einen Schritt weiter gehen die Fantasien der Transhumanisten. Sie sehen die Menschheit vor der nächsten Evolutionsstufe und glauben, dass mittels KI das menschliche Bewusstsein künftig in der Cloud hochgeladen werden kann und sich durch Robotik, künstliche Intelligenz und virtuelle Realität Parallelkörper entwickeln lassen. Bis es so weit ist, bietet sich die Kryonik, das Einfrieren von Kopf oder gesamtem Körper in „Cephalon- Boxen“ oder mit Flüssig-Stickstoff gefüllten Aluminiumkapseln, als Übergangslösung an. Entwarnung also? Versprechen uns Medizin und Technologie schon bald nicht mehr nur eine steigende Lebenserwartung, sondern sogar Unsterblichkeit? Schön wär’s – oder nicht?
Marina Abramovi? (*1946)
The Abramovi? Method, 2021
Video, Schwarz-Weiß/Farbe, Ton,
13:30 Min.
© Marina Abramovi? / MAI
Foto: ERES-Stiftung, Thomas Dashuber
Die Ausstellung „Alter + Ego“ beleuchtet mit künstlerischen Positionen die Verheißungen des „Human Enhancement“ in verschiedenen Facetten und geht der Frage nach, wie wir als Ego mit dem Alter und der Vergängl ichkeit zurechtkommen. Denn hat nicht ein winziges Virus in der Corona-Pandemie die modernen Jungbrunnen-Fantasien auf den harten Boden der Realität zurückgeholt und gezeigt: Mit Alter und Tod verknüpfte Erfahrungen wie Fürsorge, Abschied und Trauer bleiben elementare, zutiefst menschlicheEmpfindungen, die unsere Spezies ausmachen.
Das Projekt
Wie ABBA als animiertes Hologramm die Zuschauer begeistert und die Bandmitglieder als digitale Avatare bis über den Tod hinaus Konzerte geben könnten, wie ein alter Mann in der Arbeit von Superflux die gutgemeinten Alltagshilfsmittel seiner Kinder boykottiert und Thomas Silberhorn einen wildgewordenen Treppenlift durch den Ausstellungsraum fegen lässt macht Mut und Laune, sich dem Thema zu stellen – egal in welchem Alter.
Fasst die Kunstgeschichte die dem Projekt zugrundeliegenden Überlegungen prägnant im Motiv des memento mori – in der Ausstellung repräsentiert durch das barocke Gemälde von Daniel Preisler, um 1650) – fächern zeitgenössische künstlerische Positionen die vielfältigen Aspekte des Themas auf. Basieren etwa Jeremy Shaws fluoreszierende UVPrints auf 3D-Bildgebungsverfahren, die in der Diagnostik angewendet werden, um degenerative Veränderungen des Gehirns im Alter sichtbar zu machen, nimmt uns Sybille Fendt in ihrer sehr intimen Fotoserie mit auf die letzte Reise eines Ehepaares nach einer Demenz- Diagnose.
Installationsansicht 2
(Sibylle Fendt: „Gärtners Reise“, eres/colliders „On and On and On“)
Foto: ERES-Stiftung, Thomas Dashuber
Die US-Amerikanerin Taryn Simon wagt sich für ihre Fotoarbeit in das umstrittene Cryonics Institute Michigan, wo Gefrier-Dienstleistungen für Menschen und Tiere angeboten werden, um womöglich eines Tages den Tod zu überwinden. Zeichnungen von künstlichen Gliedmaßen des Erfinders Albrecht Ludwig Berbl inger aus dem frühen 19. Jahrhundert treffen auf die altmeisterlich anmutenden Gemälde von Schnürungen und Prothesen der 1984 geborenen Künstlerin Mona Ardeleanu. Karl Lagerfeld visioniert das Altern seiner beiden Models in Anlehnung an Oscar Wildes Dorian Gray in einer verstörend schönen Fotoserie. Die fast hundertjährige Bildhauerin Louise Bourgeois hingegen steht vor der Kamera von Alex van Gelder selbstbewusst zu ihrem Alter,
Schauspielerin Helen Mirren gewährt mit 65 Jahren Jürgen Teller einen Blick auf ihren reifen, ungeschminkten Körper in der Badewanne. Besuchern bietet sich die Gelegenheit, an einem Coaching durch Marina Abramovi? teilzunehmen und sich selbst zu optimieren, im digitalen Schlaflabor der Italienerin Elisa Giardina Papa Techniken zur Perfektionierung des Egos und gedanklich die hintersinnige Kletterwand-Installation „Up! Up!! Up!!!“ von Stefan Panhans zu erklimmen.
Vorträge
Donnerstag, 14. Jul i 2022, 19 Uhr
Können wir das Altern abschaffen?
Prof. Dr. Christoph Englert
Forschungsgruppe Molekulare Genetik am Leibniz-Institut für Alternsforschung, Fritz-Lipmann-Institut e.V. (FLI), Jena
Montag, 18. Jul i 2022, 19 Uhr
Schöner neuer Mensch. Ist künftiges Leben nicht mehr an die Biologie des Körpers gebunden?
Prof. Dr. Stefan Lorenz Sorgner
Chair of the Department of History and Humanities, John Cabot University, Rom
Donnerstag, 22. September 2022, 19 Uhr
Schlaue Roboter – Alter und Maschinenintelligenz
Prof. Dr. Sami Haddadin
Direktor des Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence (MIRMI), Inhaber des Lehrstuhls für Robotik und Systemintelligenz an der TU München
Donnerstag, 13. Oktober 2022, 19 Uhr
Gibt es ein Unsterblichkeits-Gen?
Prof. Dr. Dr. h.c. Thomas Bosch
Zell- und Entwicklungsbiologe, Direktor des Zoologischen Instituts der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Mittwoch, 26. Oktober 2022, 19 Uhr
So können wir unsere Gene steuern: Die Chancen der Epigenetik für ein langes, gesundes Leben (in englischer Sprache)
Prof. Dr. Isabelle Mansuy
Departement Gesundheitswissenschaften und Technologie, Institut für Neurowissenschaften, ETH Zürich
Eres-Stiftung, Römer Straße 15, München
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Foto Emil Gataullin - „O.T.“
"Glänzen sah ich das Meer und blinken die liebliche Welle,
Frisch mit günstigem Wind zogen die Segel dahin." - Johann Wolfgang von Goethe
Präsentieren werden unter anderem die herausragende Arbeiten von Thomas Hoepker, Peter Mathis, Antonius sowie Walter Schels zu dem faszinierenden Thema Meer.
Foto Antonius - „O.T."
Foto Emil Gataullin - „O.T.“
Foto Thomas Hoepker - „Coney Island Beach“
Wulf Brackrock - „Sardinien No: 03“
Galerie STP | Mühlenstraße 20 | 17489 Greifswald
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Artist and Model Reflected in a Mirror 1, 2007 130 x 104 cm |
Elina Brotherus befasst sich in ihren Bildserien und Videoarbeiten immer wieder mit den vielfältigen Verbindungen zwischen Model, Künstler*in und Betrachter*in, zwischen Mann und Frau, Figur und Ort sowie mit den Genres Porträt und Akt. Mit für sie typischen mal kuriosen, mal anrührenden, mal ironischen Selbstinszenierungen lotet die Fotografin Emotionen und Spannungen aus, beispielsweise Allein- und Zusammensein, Verloren- und Geborgenheit, Liebe, Sehnsucht, Trauer und in ihren jüngeren Werken wieder häufiger Freude.
Disguise Yourself as Another Object (Wallpaper), 2016 80 x 57 cm |
In the Sky Unlike a Bird, 2015 |
Oft zieht sie ihre Inspiration aus der Auseinandersetzung mit Kunstströmungen von Romantik bis Fluxus. Referenzen zum Maler Caspar David Friedrich finden sich beispielsweise in ihrer Werkgruppe Der Wanderer, auf die Multimedia-Künstlerin Yoko Ono verweist die Video-Arbeit The Wish Tree. Außerdem zeigt das FFF die Serie Sebaldiana. Memento Mori, Brotherus’ Beschäftigung mit dem deutschen Literaten W.G. Sebald und dem kurzen Künstlerdasein ihrer Mutter Ulla Brotherus. Eine Buchpublikation der Fotografin zu dieser Serie erscheint im Sommer 2022.
Flux Harpsichord Concert, 2016 90 x 120 cm |
Elina Brotherus, geboren in Helsinki, studierte Fotografie (Abschluss Master) und Chemie (Master of Science) – und ist eine der frühen Protagonist*innen der sogenannten The Helsinki School, einem in den 1990ern experimentell arbeitenden Zusammenschluss junger visueller Künstler*innen u.a. an der heutigen Aalto-University Helsinki. Die in Finnland und Frankreich lebende Fotografin gilt als eine der bedeutendsten zeitgenössischen Fotokünstlerinnen Europas. Ihre Arbeiten wurden seit 1997 international ausgestellt, sind zahlreich publiziert, preisgekrönt und in renommierten Museums- und sonstigen Sammlungen zu finden. Das FFF zeigt sie nach 2014 zum zweiten Mal.
Portrait Series (Gelbe Musik with Sunflowers), 2016 After John Baldessari, Portrait Series, 1974 |
Die Schau "Elina Brotherus - In Reference to a Sunny Place" wird von der Feith-Stiftung, der Deutsche Börse Photography Foundation sowie dem Frauenreferat der Stadt Frankfurt gefördert.
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Regina Anzenberger: Peace Bird, 2022
"Berührt von der Ukraine Krise habe ich dieses Bild übermalt", so Regina Anzenberger, " das Motiv
wurde in den Donauauen fotografiert. Technik ist Fotografie- Pigmentdruck auf Hahnemühle PhotoRag Ultra Smooth übermalt mit Acryl, Bleistiftzeichnung, 170 x 130 cm
Heather F. Wetzel: Salvage
Diese Serie von Ferrotypien mit dem Titel Salvage wird aus den Ober- und Unterseiten
von recycelten Dosen hergestellt. Durch die Verwendung eines kreisförmigen Formats mit unterschiedlichen Durchmessern werden diese fotogenen Zeichnungen zu kleinen Welten. Das zur Erstellung der Bilder verwendete Pflanzenmaterial weist auf Wachstum, Biodiversität und potenzielle Regeneration hin.
Stella Bach: Meditations in an emergency
Die Gemälde, Collagen, Fotografien und Skulpturen von Stella Bach erzeugen eine visuelle Semantik,
der eine beeindruckende Lyrik innewohnt. In ihren übermalten Collagen transzendiert sie Gemütszustände, die aus einem introspektiven Prozess hervorgehen, um sich dann in Gesten
und materieller Form zu manifestieren.
Ein Bild mit feinen Nadelstichen
den Körper als Ort, um gemeinschaftliche Bedeutungen zu erforschen. Sie taucht häufig in
ihren eigenen Bildern auf, Nadelperforationen und Fäden durchstechen die Haut der Fotografie
und dehnen Bildobjekte über eine einzige Zeit und einen Raum hinaus aus.
Minyo Szert: Quartzcontact
Seit 1980 arbeitet Minyo Szert als freischaffender bildender Künstler. Seine Werke befinden sich in der Ungarischen Nationalgalerie, im Ungarischen Museum für Fotografie und in der Sammlung der Ersten Ungarischen Visionen sowie in Privatsammlungen in verschiedenen Ländern der Welt. Mitglied des Kollektivs ungarischer bildender Künstler und des Verbandes ungarischer Fotokünstler.
Gabriela Morawetz - Unwägbarkeiten
Geboren in Polen. Absolventin der Akademie der Schönen Künste, Krakau. Von 1975 bis 1983 lebte sie in Caracas, Venezuela. Seit 1983 lebt sie in Paris, Frankreich. Sie hat in zahlreichen Galerien, Museen und Kulturinstitutionen ausgestellt
Teilnehmende KünstlerInnen: Stella Bach, Zachary Burns, Simone Casetta, Alexandra Diaconu, Jessa Fairbrother, Ellen Korth, Gabriela Morawetz, Minyo Szert, Heather F. Wetzel, Yelena Zhavoronkova, Regina Anzenberger, ....
Am Eröffnungsabend gibt es für alle ausgestellten Werke einen Rabatt von 20 % als Geschenk an unsere Kunden
AnzenbergerGallery, Brotfabrik Wien, Absberggasse 27, Wien
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Foto Christopher Thomas
Passion 27, 2010
Pigment Print auf Hahnemühle Papier
Christopher Thomas ließ sich vom biblischen Geschehen faszinieren, einer Geschichte, die, wie er sagt, „alles enthält, was uns Menschen im Innersten bewegt“. In den Fokus seiner Kamera legte er deshalb den Ausdruck zutiefst menschlicher Empfindungen und religiöser Gefühle wie Hoffnung, Leid, Erstaunen, Entsetzen und Freude.
Foto Christopher Thomas
Passion 22, 2010
Pigment Print auf Hahnemühle Papier
Dargestellt werden nicht Spielszenen und wohlbekannte Massenauftritte, sondern einzelne Protagonisten, deren Antlitz und individuelle Gestalt: Sängerinnen aus dem Chor, Händler, Soldaten, einige der Jünger, Maria, Jesus. Durch die Hingabe an einzelne Personen ist das Wesentliche erfasst und festgehalten. Das Hervorheben der menschlichen Gefühlswelt wird zusätzlich betont durch das reduzierte Farbspektrum, das sich in warmen, fein modulierten Grau-, Schwarz- und Brauntönen vor gedämpftem dunklen Hintergrund manifestiert.
Foto Christopher Thomas
Passion 07, 2010
Pigment Print auf Hahnemühle Papier
Foto Christopher Thomas
Passion 01, 2010
Pigment Print auf Hahnemühle Papier
10117 Berlin
(Zugang über Glaskubus)
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Herbert List: Athen, 1937, Herbert List Estate
© Herbert List Estate / Magnum Photos / Agentur Focus
Die Retrospektive Im Hamburger Bucerius Kunst Forum gliedert sich in die sieben Kapitel Anfänge in Hamburg, Fotografie Metafisica, Griechenland, Junge Männer, Italien, Künstlerporträts und Reportage.
Hamburg ist der Ausgangspunkt für Herbert Lists (1903 – 1975) fotografische Karriere. Angeregt durch seinen Freund, den Fotografen Andreas Feininger, der ihn von dem Erwerb einer neuen Rolleiflex überzeugt, beginnt er 1930 intensiver zu fotografieren. Er widmet sich Straßenszenen in Hamburg, wie am Hafen und am Bahnhof, sowie in näherer Umgebung an der Elbe und Ostsee und beschäftigt sich insbesondere mit dem Phänomen der Nacht. Themen, für die er später bekannt wird, deuten sich bereits mit geheimnisvollen, surrealen Motiven sowie Porträts junger Männer an. Auch sein spielerischer Umgang mit Licht und Schatten und starken Hell-Dunkel-Kontrasten ist erkennbar.
Herbert List Pocomania: Von der Trance des Tanzes besessen,
Kingston, Jamaika, 1957,
Herbert List Estate
© Herbert List Estate / Magnum Photos / Agentur Focus
Herbert List, 1903 als ältester Sohn eines Kaffeehändlers in Hamburg geboren, geht seinem frühen Interesse für Kunst und Fotografie ab 1930 intensiver nach und entscheidet sich 1936 für eine Fotografen-Laufbahn. Die Bedrohung durch die Nationalsozialisten als homosexueller Mann mit einem jüdischen Großvater veranlasst ihn 1936, Deutschland zunächst zu verlassen und nach Paris zu gehen. 1937 bricht er erstmals für einige Monate nach Griechenland auf, wohin er im Laufe seines Lebens immer wieder zurückkehren wird. Um einer Verhaftung in Griechenland zu entgehen, lässt er sich 1941 in München nieder. Die Stadt wird sein Lebenszentrum und Ausgangspunkt für seine zahlreichen Reisen.
Herbert List Blick auf die Säule des Kaisers Trajan, Rom, 1949,
Münchner Stadtmuseum, Sammlung Fotografie, Archiv List
© Herbert List Estate / Magnum Photos / Agentur Focus
Italien bereist List zu unterschiedlichen Zeiten. Während seines Aufenthalts in Rom 1953 wechselt er von der Mittelformatkamera auf eine Leica-Kleinbildkamera. Diese ermöglicht ein schnelles, spontanes und unbeobachtetes Fotografieren und führt dazu, dass List seinen Stil verändert. Waren seine Fotografien zuvor eher statisch, hält nun das Flüchtige in Form von Bewegung und Momentaufnahmen Einzug. Darüber hinaus interagiert List stärker mit den Menschen, was in den Straßenszenen in Rom und noch deutlicher in den Aufnahmen der Bewohner:innen Neapels der Jahre 1959 und 1961 sichtbar wird.
Herbert List: Pablo Picasso mit „Chouette dans un intérieur“ (1946),
Rue des Grands-Augustins, Paris, 1948,
Münchner Stadtmuseum, Sammlung Fotografie, Archiv List
© Herbert List Estate / Magnum Photos / Agentur Focus
Ausstellungsansicht in dem Bucerius Kunst Forum
In der Nachkriegszeit wird List zum Porträtfotografen der Künstler:innen und Intellektuellen seiner Zeit. Dabei fotografiert er Maler:innen, Schauspieler:innen, Musiker:innen und Schriftsteller:innen wie Pablo Picasso, Marc Chagall, Georges Braque, Marlene Dietrich und Ingeborg Bachmann. Seine Porträts zeigen die Menschen hinter ihrem Werk und offenbaren ein besonderes Vertrauen zwischen dem Fotografen und Porträtierten. Neben Aufnahmen in Paris und in Italien der 1950er Jahre führt ihn ein Auftrag der 1960er Jahre für die Zeitschrift Du in das geteilte Berlin, wo er u.a. John Heartfield, Günter Grass und Helene Weigel einfängt.
Herbert List: Haus und Statue der Kleopatra, Delos, 1937,
Münchner Stadtmuseum, Sammlung Fotografie, Archiv List
© Herbert List Estate / Magnum Photos / Agentur Focus
Herbert List: Unter dem Poseidontempel, Sounion, um 1937,
Münchner Stadtmuseum, Sammlung Fotografie
© Herbert List Estate / Magnum Photos / Agentur Focus
Nach dem Zweiten Weltkrieg fotografiert List vermehrt das Zeitgeschehen in Form von Reportagen für Zeitschriften und die Tagespresse. Bilder vom zerstörten München erinnern in der Ästhetik an seine Aufnahmen antiker Ruinen in Griechenland. Zudem kann er einige Buchprojekte realisieren. List arbeitet intensiv mit der Illustrierten Heute zusammen, die über die höchste Auflage im amerikanischen Sektor verfügt. In großem Umfang publiziert auch die schweizerische Kunst- und Kulturzeitschrift Du seine Arbeiten und in der Süddeutschen Zeitung zählt er zu den am häufigsten gezeigten Bildautor:innen. So rezipiert eine Vielzahl interessierter Leser:innen seine Bilder und der Einfluss seiner Werke auf Nachwuchsfotograf:innen wird verstärkt. Als zeitgeschichtliche Dokumente sind die Reportagen von 1945/46 über den spektakulären Fund der NSDAP Mitgliedskartei und den Central Art Collecting Point, an dem von den Nationalsozialisten geraubte Kunstwerke gesammelt wurden, hervorzuheben, die bislang nur selten in einer Ausstellung gezeigt wurden.
Herbert List: Ringende Jungen, Ostsee, 1933,
Münchner Stadtmuseum, Sammlung Fotografie, Archiv List
© Herbert List Estate / Magnum Photos / Agentur Focus
Zur Schau erscheint im Hirmer Verlag ein umfangreicher Katalog mit Beiträgen von Kathrin Baumstark, Ludger Derenthal, Katrin Dyballa, Nadine Isabelle Henrich, Hans-Michael Koetzle, Bernhard Maaz, Ulrich Pohlmann, Peer-Olaf Richter und Esther Ruelfs (288 Seiten mit Abbildungen der ausgestellten Werke, 35 Euro in der Ausstellung).
Parallel zur Ausstellung Herbert List. Das magische Auge zeigt das Museum für Kunst und Gewerbe die Ausstellung Präuschers Panoptikum. Ein Bilderbuch von Herbert List vom 20. Mai bis 18. September 2022 mit der Weltpremiere des Fotobuchprojekts sowie Aufnahmen, die als Vorreiter des „Queer Gaze“ gelten.
Zudem präsentiert das Bargheer Museum mit der Ausstellung „Passione e Destino – Aufbruch des Fotografen Herbert List und des Malers Eduard Bargheer in die mediterrane Welt vom 15. Mai bis 18. September 2022 eine Gegenüberstellung der Werke der beiden befreundeten Künstler aus den Zeiträumen der 1930er Jahre und der frühen 1950er Jahre.
Die Zusammenarbeit mit dem Herbert List Estate und dem Münchner Stadtmuseum sowie die gemeinsame Kuration von Kathrin Baumstark, Direktorin des Bucerius Kunst Forums, und Ulrich Pohlmann, Leiter der Sammlung Fotografie im Münchner Stadtmuseum, hat dies ermöglicht.
Bucerius Kunstforum, Alter Wall 12, Hamburg
Hirmer Verlag: Herbert List - Das Magische Auge
Hg. Kathrin Baumstark, Ulrich Pohlmann
Beiträge von Kathrin Baumstark, L. Derenthal, K. Dyballa, H.-M. Koetzle, Bernhard Maaz, Ulrich Pohlmann, E. Ruelfs, P.-O. Richter, N. Henrich
288 Seiten, 318 Abbildungen in Farbe22,5 x 28 cm, gebunden
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Love Matters
Tatjana Patitz & Ollie Ferguson
Nomi Baumgartl: Seelenlandschaften/
Leica Galerie Wetzlar 2022
Nomi Baumgartl (*1950) zählt zu den vielseitigsten Fotografinnen in Deutschland. Sie war auf der halben Welt unterwegs, fotografierte berührende Reportagen, porträtierte prominente Zeitgenossen, war erfolgreiche Mode- und Werbefotografin. Heute konzentriert sich die Leica Fotografin vor allem auf die Beziehung zur Natur. Die Ausstellung in der Leica Galerie Wetzlar gibt Einblicke in die wichtigsten Projekte ihrer langen Karriere.
The Observer
Aiguillle du Dru 2019
aus dem Zyklus „Eagle Wings“
Nomi Baumgartl: Seelenlandschaften/
Leica Galerie Wetzlar 2022
Mit „Eagle Wings – Protecting the Alps“ richtet die Fotografin den Blick auf den gravierend fortschreitenden Klimawandel. Als „einzigartiges Projekt auf drei Ebenen“ bezeichnet sie ihr engagiertes Projekt, in das die Erde, der Luftraum und „das große Auge aus dem Weltall“, so Baumgartl, eingebunden sind. Eine Auswahl ihrer faszinierenden Aufnahmen der Eislandschaften und eines Adlers zeigen Ausschnitte des Projekts, das sich als Gesamtkunstwerk aus Gletscherfotografien, Aufnahmen einer Minikamera auf dem Rücken eines Adlers und hoch aufgelösten Satellitenbildern zusammensetzt.
Immer stellt die Fotografin Bezüge her: zwischen Menschen und Tieren, der Natur, der Erde als schützenswerter Kostbarkeit. Sie bezeichnet ihr Werk daher auch als „Hommage an die Schöpfung“, hat sie doch selbst vor vielen Jahren nach einem Unfall selbst erlebt, wie fragil das Leben sein kann.
Während ihrer eigenen Rekonvaleszenzzeit lernte sie die Organisation Dolphin Aid kennen und fotografierte von 2000 bis 2001 auf den Bahamas das Zusammentreffen von Menschen und Delphinen, bei denen die heute längst ikonischen Aufnahmen mit dem Topmodel Tatjana Patitz und Mickey Eskimo, Robbie Seeger und Francisco Goya, der damaligen Surfer- Weltelite, entstanden.
Wild Connection, Chris Gallucci and Timbo
Shambala Preserve, California 2003
Nomi Baumgartl: Seelenlandschaften/
Leica Galerie Wetzlar 2022
Aus dieser Serie, in der es um die Harmonie von Mensch und Natur geht, entwickelte sich auch die Serie „Yin & Yang“. Hier hat die Fotografin berührende Motive gefunden, um das Prinzip der aus zwei gegensätzlichen Teilen bestehenden Einheit in starke Symbolbilder zu übersetzen. Bei den Shootings auf den Bahamas war auch Chris Gallucci dabei, der als „Elephant Man“ legendär wurde, lebte er doch 30 Jahre in enger Symbiose mit dem mächtigen Elefantenbullen Timbo zusammen. Auch hier fand Nomi Baumgartl 2003 einfühlsame Bil- der; das besondere Verhältnis und die einzigartige Beziehung von Mensch und Tier hielt sie mit ihrer Leica in außergewöhnlichen Schwarzweißbildern fest. In der Folgezeit begleitete sie den international ausgezeichneten Dokumentarfilm „Der Elefantenmann“ als Visual Director; ein gleichnamiger Bildband wurde 2007 veröffentlicht.
The Naturalist‘s Eye
New Milford, Connecticut 1989
Nomi Baumgartl: Seelenlandschaften/
Leica Galerie Wetzlar 2022
Die Fotografin ist eine sensible Beobachterin und große Porträtistin. Dies wird auch in dem Portfolio sichtbar, das Baumgartl anlässlich des 100. Geburtstags des befreundeten Fotografen Andreas Feininger (1906–1999) konzipierte. Die Fotografenlegende hatte sie 1983 in New York kennengelernt. Im Dialog über Fotografie, Wahrnehmung, Weltsicht und die Dinge der Natur entstand in den Folgejahren während vieler Besuche ein Porträt des Fotografenkollegen, gleichzeitig aber auch eine spannende Reflexion über die Verbindung von Mensch und Natur. Und so schließt sich in der Ausstellung ein Kreis von den frühen 1980er-Jahren zu den aktuellen Aufnahmen der Fotografin und ihrem Anliegen, die Welt immer wieder neu zu betrachten.
Nomi Baumgartl, Alpspitz
© Chris Pfanzelt
Nomi Baumgartl wurde 1950 in Donau-Ries geboren und studierte von 1973 bis 1977 an der Gesamthochschule Düsseldorf Design und Visuelle Kommunikation. Als erfolgreiche Bildjournalistin publizierte sie in der Folgezeit in allen wichtigen deutschen und internationalen Magazinen. Neben Auftragsarbeiten im Magazinjournalismus und für die Werbung begann sie früh, sich selbst gewählten Langzeitprojekten zu widmen. Ihr Werk ist in zahlreichen Ausstellungen und Buchveröffentlichen präsent. Im Juni 2016 wurde die Fotografin für ihr Lebenswerk und ihr Engagement als Fotografin mit dem internationalen B.A.U.M. Environmental Special Award 2016 ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Dr. Auma Obama, Schwester des ehemaligen US-Präsidenten, mit der sie eine lebendige Freundschaft verbindet. Nomi Baumgartl, die lange in New York und München lebte, hat heute ihren Lebensmittelpunkt im bayrischen Murnau.
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Peer Grenze des verbotenen Gebiets II Peer Boehm,
Galerie Poll Berlin, VG Bild-Kunst, Bonn 2022
Von Peer Boehm am Computer bearbeitet und auf extreme Kontraste reduziert, entstehen Leerstellen und bizarre, auf den ersten Blick nicht erkennbare Formen. In der Projektion auf Leinwand oder Papier erwachen die „historischen“, archivierten und ins kollektive Gedächtnis eingebrannten Aufnahmen so zu neuem Leben.
Der Künstler nutzt unter anderem bereits vorbedruckte Papiere wie zum Beispiel Seekarten oder Schnittbögen, auf die dann Fotomotive aufgezeichnet werden. Motiv und Vorlage stehen stets in einem Bezug zueinander und transportieren das Prinzip der Überblendungen so auch inhaltlich weiter.
Peer Boehm, Schokolade & Freiheit II Peer Boehm,
Galerie Poll Berlin, VG Bild-Kunst, Bonn 2022
Peer Boehm, Tauziehen, 2020 Peer Boehm copyright Peer Boehm,
Galerie Poll Berlin VG Bild-Kunst, Bonn 2022
Peer Boehm erklärt: „In meinen Werken befasse ich mich hauptsächlich mit Erinnerungen. Das können persönliche Erinnerungen sein, aber vor allem auch zeitgeschichtliche wie zum Beispiel Fotografien von Willy Brandts Kniefall oder dem Checkpoint Charlie. So spielt Geschichte in meinen Arbeiten immer eine zentrale Rolle.“
Mirja Linnekugel, Künstlerische Leiterin Freundeskreis Willy-Brandt-Haus sagt über die Ausstellung: „In den Werken von Peer Boehm treffen Geschichte und aktuelle Themen künstlerisch aufeinander und regen die Betrachtenden an, sich mit den inhaltlichen Bezügen auseinanderzusetzen. Deshalb freuen wir uns sehr, diese Ausstellung in Kooperation mit der Galerie Poll Berlin im Willy-Brandt-Haus zeigen zu können.“
Willy-Brandt-Haus, Stresemannstr. 28, Berlin
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Alec Soth mit seiner Tochter bei der Presseführung
im Münchner Kunstfoyer
Die Amerikakarte zeigt die Orte an denen Soth
seine fünf Serien fotografiert hat.
Rund 90 eindrucksvolle Werke, Publikationen und Entwürfe geben den Besuchern der Ausstellung im Kunstfoyer einen tiefen Einblick in das Werk von Alec Soth, den die britische Tageszeitung "The Telegraph" als den größten
lebenden Fotografen sozialer und geografischer Landschaften Amerikas bezeichnet. Der lyrische Dokumentarfotograf steht in der Tradition der großen Fotografen Robert Frank, Stephen Shore und Joel Sternfeld
Die Landschaften seines Heimatlandes USA – vor allem der majestätische Mississippi, die tosenden Niagarafälle, die weiten offenen Wüsten und unberührten Gebiete, die Kleinstädte und städtischen Randgebiete – sind seine Motive, die er in alltäglichen Momenten einfängt. Das Wesen des Menschen bleibt dabei stets zentraler Aspekt seiner Porträts, er richtet seinen Blick auf die Geschichte, die hinter jedem Bild steckt auf die menschlichen Emotionen, persönlichen Schicksale und Sehnsüchte. Dabei folgt Soth stets seinem ästhetischen Ansatz: »to me the most beautiful thing is vulnerability«.
Peter's houseboat, Winona Minnesota aus der Serie "Sleeping by the Missisipi".
Alec: " Manchmal habe ich die Leute nach ihren Träumen gefragt, Peter schrieb
'My Dream is Running Water'"
© Alec Soth / Magnum Photos
NIAGARA (2006)
Die Niagarafälle, Schauplatz spektakulärer Suizide und erschwinglicher Flitterwochen, wurden lange mit Liebe in Zusammenhang gebracht. Alec Soth besuchte die Niagarafälle während der Arbeit an seiner nächsten Serie sieben Mal. Dabei umkreiste er den Ort und suchte nach einem Weg, sein Motiv zu beschreiben. Dazu sagte er: „Wenn ich mir die Wasserfälle als Metapher vorstelle, dann denke ich an eine intensivierte Sexualität und ein nicht auszuhaltendes Verlangen.“
Er flirtet mit dem Postkartenklischee der Niagarafälle, ein Motiv, das auch bei den Malern des „American Sublime“ beliebt war. Er sammelt Zeugnisse der Leidenschaft: Notizen und Briefe, Poesiefetzen, das Herzsymbol, das sich in uner- wartete Orte einschleicht. Er trifft Menschen in Bars und Hochzeitslocations und bringt sie dazu, für ihn zu posieren.
Er fotografiert die Fassaden kitschiger Motels wie das Happiness Inn, das hinter seinen verschlossenen Türen unbekan- nte Dramen verbirgt. Dann stellt er seine schönen Fotografien des Wassers, das für immer in die Ewigkeit überfließt, neben seine Porträts der hoffnungsfrohen und der gebrochenen Herzen. In Niagara wird die gewaltige Erhabenheit der Natur eindringlich der Metaphorik der zerbrechlichen Liebe gegenübergestellt.
BROKEN MANUAL (2010)
"Tim und Vanessa waren eine der freundlichsten Menschen,
die ich während meiner Reisen traf. In ihrem Haus gab es
hunderte von fesselnden Geschichten zu finden."
© Alec Soth / Magnum Photos
Broken Manual untersucht die Sehnsucht, zu fliehen. Alec Soth begann, über den „Bombenleger vom Olympiapark“ Eric Robert Rudolph zu recherchieren, einen Rechtsradikalen, der vor dem FBI auf der Flucht war und von dem man wusste, dass er sich irgendwo in der Wildnis der Appalachen versteckt hielt. Im Laufe seiner Recherche tauchte Soth immer tiefer in die Welt ein, die sich ihm im Internet auftat. Dort stieß er auf Mitteilungen und Manifeste von Menschen, die sich für ein Leben fernab der Zivilisation entschieden hatten: Überlebenskünstler, Eremiten und Mönche. Er schuf seine eigene Handlungsanweisung, How to Disappear in Amerika (2009), eine Maquette, die im Buch Broken Manual weiterentwickelt wurde. Dazu zählten Schriften eines Lester B. Morrison. 2010 folgte eine Reihe selbstverlegter Magazine, die alle von Soths Verlag Little Brown Mushroom herausgegeben wurden.
Und so begab er sich – ähnlich wie Walt Whitman, der Mitte des 19. Jahrhunderts Amerika bewandert hatte – in gewissem Sinne auf die Suche nach sich selbst. Das Projekt markiert eine Zeit, in der er als Wanderfotograf zu einem Leben auf der Straße zurückkehrte. Eigenen Aussagen zufolge sehnte er sich damals danach, zu fliehen. Er äußerte auch, wie sehr er sich mit seinen Protagonisten, den Träumern und Einzelgängern, insbesondere den Männern, identifiziere: „Im Allgemeinen empfinde ich viel Zuneigung für diese Männer. Ich respektiere ihre Entscheidungen und versuche, sie zu verstehen.“ Er fühlt sich zur Intensität eines introspektiven Lebens hingezogen: „Es gibt hier definitiv den Aspekt eines Selbstporträts ... ein persönliches, autobiografisches Element“.
Seine Einsiedler fand er in den weiten unbesiedelten Landschaften Amerikas – in den dichten Wäldern und ausgedehnten Wüsten. Er fotografiert sie in ihrer Einsamkeit, als kleine Figuren, die in ihre Umgebung gestellt sind.
SONGBOOK (2014)
Nach Broken Manual wollte Alec Soth sich wieder mit der Welt verbinden. Die Fotografie kann ein einsames Medium sein, sowohl bei ihrer Erstellung als auch dadurch, dass sie bildlich den Abstand zwischen Menschen, insbesondere zwischen dem Fotografen und dem Objekt, zum Ausdruck bringt. Soth nannte sie „ein Medium der Trennung“. Zugleich ist sie unmittelbar und kommunikativ und somit ein hervorragendes Hilfsmittel zur sozialen Verbindung.
Sein erstes Geld verdiente Soth als Fotograf bei einer lokalen Tageszeitung am Ostrand der Zwillingsstädte Minneapolis und Saint Paul. Sein fotografisches Tagesgeschäft waren Stadtratssitzungen und Autounfälle, Hochzeiten und Gemeindetreffen. Nach wie vor bewundert er bei journalistischen Fotografen, dass sie völlig ohne Kunstgriffe auskommen, und nach wie vor erledigt er Auftragsarbeiten für Zeitungen und Magazine, zuletzt für The New Yorker in New Orleans, zehn Jahre nach Hurricane Katrina.
2012 initiierte er ein neues Projekt in Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller Brad Zellar. In einer Reihe von Road Trips durchquerten sie gemeinsam das Land. Sie arbeiteten wie Journalisten für eine fiktive Zeitung, auf der Jagd nach Storys von lokalem Interesse, und reagierten rasant auf Ereignisse, die sich in ihrer Umgebung abspielten. Nachts „verkrochen sie sich in ihre Motelzimmer, setzten die Zeitung zusammen und suchten die passenden Bilder zu den Storys aus.“
Das Ergebnis waren sieben bescheidene, ungebundene Publikationen, von denen jede „Depesche“ über einen anderen Bundesstaat berichtete: Kalifornien, Colorado, Michigan, New York, Ohio, Texas und schließlich 2014, zurück im Süden, Georgia.
In dem Buch, das später zum Songbook wurde, wandeln sich Soths Fotografien von Hilfsmitteln der Kom- munikation hin zu Aufbewahrungsorten der Empfindung. Die Bilder wurden von Zellars informativem Text befreit und in eine Reihenfolge gebracht, die eine Verlangsamung sowie einen visuellen und emotionalen Rhythmus schafft, der auf über 144 Seiten beibehalten wird. Lyrikfetzen aus dem Great American Songbook– populäre Stücke von Musikern wie Cole Porter oder Irving Berlin – sind zwischen den Fotografien eingestreut. Diese assoziative Wirkweise beschwört zusammen mit dem kontrastreichen, an die Mitte des 20. Jahrhunderts angelehnten Schwarz-Weiß-Stil genau die Stimmung herauf, nach der Soth suchte: „nostalgisch, jedoch gleichzeitig mit einer beklommenen, einsamen Komponente“.
Home Sweet Home aus der Serie "Songbook"
Songbook ist eine Chronik Amerikas im 21. Jahrhundert. Es erforscht die Conditio humana im digitalen Zeitalter: einer Ära, in der wir verbunden sind wie nie zuvor – und möglicherweise dennoch getrennter als je zuvor.
A POUND OF PICTURES (2022)
„A Pound of Pictures“, entstanden zwischen 2018 und 2021, umfasst Fotografien, die während einer Reihe von Roadtrips quer durch die USA aufgenommen wurden. Soth zeichnet darin Menschen und Orte mit subtilen Beziehun- gen auf. Einige Bilder der Serie beziehen sich auf die Fotografie selbst und untersuchen das Medium und seine limitierte Fähigkeit, das Flüchtige festzuhalten.
Der Titel der Serie ist inspiriert von einer Person, der Soth begegnete und die Fotos nach Gewicht verkaufte. Soth be- gann die Serie als Hommage an Abraham Lincoln und Walt Whitman, beschloss aber später, seinen Ansatz zu erweit- ern. Er benutzt seine Kamera als eine “Ausrede, sich herumzutreiben und etwas auszugraben”, folgt seiner Intuition und Wachsamkeit, kehrt zu Orten zurück, die er bei früheren Projekten besucht hat und erkundet neue Themen.
Soth erklärt, dass seine Fotografien jenseits ihrer Oberfläche hauptsächlich „den Prozess ihrer eigenen Herstellung behandeln. Sie versuchen, in die ekstatisch spezifische Welt einzutauchen und eine Verbindung zwischen dem Ephemeren (Licht und Zeit) und dem Physischen (Augenlinsen und Film) herzustellen. Die kumulierten Verbindungen schaffen bestenfalls Konstellationen möglicher Bedeutung“.
Zur Ausstellung erscheint die begleitende Publikation Alec Soth. Gathered Leaves. Annotated im MACK Verlag.
Preis 55 Euro
Versicherungskammer Kulturstiftung | Kunstfoyer | Maximilianstr. 53 | 80538 München
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Herlinde Koelbl: Angela Merkel
2021, Bild 2
© Herlinde Koelbl
In ungewöhnlich ruhigen und intimen Großaufnahmen hat Herlinde Koelbl das Bild einer Politikerin eingefangen, die zunehmend in den Medien präsent ist. Keine Machtsymbole verstellen den Blick oder lenken von der Portraitierten ab. Vorauszusehen war Merkels Aufstieg nicht. In der Bundesrepublik besetzten bis dahin nur Männer die Ämter des Kanzlers, Bundespräsidenten oder Außen- ministers. Auch vor 1949 waren sämtliche staatlichen Führungspositionen in männlicher Hand gewesen. In der deutschen Geschichte war sie die erste Regierungschefin.
Ausstellungsansicht "Herlinde Koelbl. Angela Merkel Portraits 1991 – 2021"
© Deutsches Historisches Museum/Mathias Völzke
Mit der Ausstellung „Herlinde Koelbl. Angela Merkel Portraits 1991-2021” lädt das Deutsche Historische Museum vom 29. April bis zum 4. September 2022 dazuein, die Stationen von Merkels politischer Karriere bis zum Ende ihrer Zeit als erste deutsche Bundeskanzlerin fotografisch nachzuverfolgen. Von keinem anderen Politiker und keiner anderen Politikerin existiert eine ähnlich umfassende Langzeitserie, die einen vergleichbaren internationalen Aufstieg begleitet. Eshandelt sich daher um Nahaufnahmen einer physischen und psychischen Verwandlung und zugleich um das Protokoll einer ungewöhnlichen Begegnung.
Ausstellungsansicht "Herlinde Koelbl. Angela Merkel Portraits 1991 – 2021"
© Deutsches Historisches Museum/Mathias Völzke
Raphael Gross, Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum: „Als historisches Museum interessiert uns an dieser erstaunlichen Langzeitserie ganz besonders, dass es keine vergleichbare weibliche Führungspersönlichkeit in derdeutschen Geschichte und Politik gegeben hat. Mit Angela Merkel treffen unsere Besucherinnen und Besucher auf eine deutsche Politikerin, deren Weg beispiellosist. Herlinde Koelbl ist es gelungen, dies in ihren Aufnahmen auf einzigartige Weise einzufangen.”
Herlinde Koelbl: Angela Merkel
1991, Bild 1
© Herlinde Koelbl
Herlinde Koelbl, Fotokünstlerin und Kuratorin der Ausstellung: „Angela Merkels Kraft und ihre Eigenwilligkeit fielen mir auf, deshalb habe ich sie 1991 für meine fotografische Langzeitstudie ausgewählt. Ich habe sie immer nach einem klarenKonzept fotografiert: Kopf, sitzend, stehend. Es gab auch keine Anweisungen meinerseits, außer: Schauen Sie mich mit einem offenen Blick an. Diese Begegnungen waren immer etwas Besonderes. Auch bei großem Stress hat sie dieTermine immer gehalten. Vielleicht hat sie als Wissenschaftlerin dieDokumentation ihrer eigenen Veränderung auch als Experiment gesehen.”
Die rund 60 Portraitaufnahmen werden ergänzt um prägnante Zitate Merkels, Audiostationen und eine Videocollage mit Ausschnitten aus Interviews, die Herlinde Koelbl von 1991 bis 1998 mit Angela Merkel geführt hat. Die Antworten auf die jährliche Frage „Was haben Sie gelernt?” zeugen von Merkels Entwicklungsprozess im männlich dominierten Politikbetrieb der neunziger Jahre.
Die rund 60 Portraitaufnahmen werden ergänzt um prägnante Zitate Merkels, Audiostationen und eine Videocollage mit Ausschnitten aus Interviews, dieHerlinde Koelbl von 1991 bis 1998 mit Angela Merkel geführt hat. Die Antworten auf die jährliche Frage „Was haben Sie gelernt?” zeugen von Merkels Entwicklungsprozess im männlich dominierten Politikbetrieb der neunziger Jahre.
Bereits 1999 zeigte das DHM die Fotoausstellung „Spuren der Macht“, für die Herlinde Koelbl von 1991 bis 1998 fünfzehn Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Medien wiederholt portraitiert hatte. Mit Angela Merkel führte Koelbl die Zusammenarbeit fort. Das Ergebnis setzt sich zu einer dreißigjährigen Chronik der „Epoche Angela Merkel” zusammen.
Die Ausstellung bietet einen barrierefreien Zugang. Der gleichnamige Bildband „Herlinde Koelbl. Angela Merkel. Portraits 1991–2021” ist im Taschen Verlagerschienen.
Herlinde Koelbl ist eine der renommiertesten deutschen Fotokünstlerinnen. Ihr umfassendes Werk zeichnet sich vor allem durch fotografische Langzeitprojekte aus, oft ergänzt von tiefergehenden Gesprächen und Videoaufnahmen.
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Thomas Hoepker
1966. Ali jumping
© Thomas Hoepker / Magnum Photos
Early Works (1954–1959)
Thomas Hoepker
1958 at Crotone in Calabria, southern Italy. Portrait
of my first Leica and a friend I was traveling with
© Thomas Hoepker / Magnum Photos
Bereits im Alter von 14 Jahren fertigte Thomas Hoepker (*1936, München) erste Aufnahmen mit einer Glasplattenkamera. Frühe Auszeichnungen beim „Jugend photographiert“-Wettbewerb auf der photokina 1956 und 1958. Schon während seines 1956 begonnen Studiums der Kunstgeschichte und Archäologie unternahm Hoepker zahlreiche Reisen, auf denen sich bereits sein starkes Reportage-Interesse zeigt. Zu sehen ist eine Auswahl dieser frühen Aufnahmen, die zum Teil erstmals gezeigt werden.
Thomas Hoepker
1958. Italy
© Thomas Hoepker / Magnum Photos
Roadtrip 1963; Bildreporter bei „Kristall“ und „stern“
Thomas Hoepker
1963. Nevada
© Thomas Hoepker / Magnum Photos
Ab 1960 beginnt Hoepkers Karriere als Bildreporter bei verschiedenen deutschen Magazinen. Ein Höhepunkt seiner Tätigkeit für das Hamburger Magazin „Kristall“ war 1963 ein dreimonatiger Roadtrip durch die USA, der im Magazin mit vier langen Bildstrecken vorgestellt wurde. Zusammen mit dem Textautor Rolf Winter erkundete Hoepker ein Land voller Widersprüche. So entstand ein vielseitiges, starkes visuelles Zeugnis US-amerikanischer Realität. 1964 wechselte Hoepker in die Redaktion des „stern“; hier entwickelte er sein Talent weiter, zahllose Aufträge führten den rastlosen Fotografen quer durch die Welt.
Champ: Reportage über Muhammad Ali, 1966
Thomas Hoepker
USA. Chicago 1966. MUHAMMAD ALI,
boxing world heavy weight champion showing off his right first
© Thomas Hoepker / Magnum Photos
Besondere Aufmerksamkeit erzielte er mit seiner „Champ“-Reportage über Muhammad Ali. Über Wochen begleiteten Hoepker und seine Frau, die Autorin Eva Windmöller, den Boxer und erhielten einen intimen Einblick in dessen Leben. Am bekanntesten wurden die Aufnahmen, die eine ausgestreckte Faust direkt vor der Leica des Fotografen zeigen; in der Ausstellung wird eine größere Motivauswahl präsentiert.
Bildreporter in der DDR 1976 - 1978
Durch die Möglichkeit, seine als Journalistin in Ost-Berlin akkreditierte Ehefrau zu begleiten, war Hoepker einer der wenigen Bildkorrespondenten, die den Alltag in der DDR über mehrere Jahre in eigener Anschauung erkunden konnten. Dieses Ausstellungskapitel zeigt eindrücklich, wie der Fotograf mit seinen sensiblen Bildern ein Stück Zeitgeschichte geschrieben hat.
Roadtrip 2020: USA revisited
Thomas Hoepker
USA. 2020. Town of Merkel in Texas
© Thomas Hoepker / Magnum Photos
Die jüngsten Aufnahmen der Retrospektive entstanden 2020 während einer erneuten Reise des Fotografen durch die USA. Auf den Spuren seiner ersten Reise von 1963 durchquerte der mittlerweile vierundachtzigjährige Fotograf noch einmal das Land. Erstmals werden diese Farbaufnahmen in der Ausstellung zu den längst historischen Motiven in Beziehung gesetzt. Zeitgleich zur Retrospektive erscheint im Steidl Verlag der Bildband „The Way it was. Road Trip USA“, eine ebenso spannende wie kritischen Zeitreise durch das Land und durch die Zeit.
Thomas Hoepker – Bilderfabrikant. Aus sieben Jahrzehnten: Bilder, die bleiben
Portrait Thomas Hoepker
© Arne Wesenberg
Die aktuelle Ausstellung belegt eindrücklich Hoepkers durchgängiges Interesse an gesellschaftlichen Themen und sein besonderes Einfühlungsvermögen für die von ihm porträtierten Menschen, ganz gleich ob prominent oder namenlos. Dieser humanistische Ansatz war für den Fotografen immer bestimmend; Authentizität und die fotografische Zeugnishaftigkeit sind die prägenden Konstanten seiner Arbeit. Gern bezeichnet er sich selbst immer ganz bescheiden als Auftragsfotograf, als „Bilderfabrikant“. Als einer, der sich für nichts Geringeres als für die Wirklichkeit interessiert, für die Wahrhaftigkeit des Augenblicks. Unaufgeregt, subtil und fern von Sensationslust wurden viele seiner Motive durch ihre präzise Bildgestaltung und dichte Bildaussagen sowie Hoepkers feinem visuellen Gespür zu Ikonen der „concerned photography“. Kein Schockbild lässt sich finden; eher sind es die stillen alltäglichen Dramen, die er in sensiblen und subtilen Fotografien eingefangen hat. Eine seiner bekanntesten Aufnahmen entstand am 11. September 2001 in New York. Sie wurde erst 2005 erstmals ausgestellt und hat seitdem immer wieder heftige Diskussionen ausgelöst. Der zufällige Moment, aber auch ihre Perfektion haben diese Fotografie zu einem ersten Symbolbild des 21. Jahrhunderts werden lassen. Es ist eines der unzähligen wichtigen Bilder, die Hoepker über die letzten sieben Dekaden aufgenommen hat. Bilder, die bleiben.
Die Ausstellung wird mit freundlicher Unterstützung von WhiteWall realisiert.
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Dayanita Singh, Museum Bhavan, 2017, Installation vor dem Taj Mahal
Seit den 1980er Jahren hat Dayanita Singh eine wegweisende Praxis entwickelt, die sich Genres entzieht, die Grenzen des Mediums auslotet und unsere Wahrnehmung von Bildern erweitert. Singh befreit das Foto von der Wand und das Buch aus dem Bücherregal, um ganz eigene Darstellungsformen und Verbreitungswege zu schaffen.
Für Dayanita Singh liegt die eigentliche künstlerische Arbeit nicht in der fotografischen Bildproduktion, sondern im Entwickeln von Darstellungsformen, in denen ihre Bilder wachsen können. Sie fordert uns dazu auf, uns neue, beweglichere und zugänglichere Arten von Ausstellungen und Museen vorzustellen. Ihr Werk bewegt sich fließend zwischen Genres, Formen und Räumen – von mobilen Museen über Buch-Objekte zu Büchern, die selbst zu Ausstellungen werden.
Dayanita Singh, Let’s See, 2021
Dancing with my Camera vereint zentrale Arbeiten aus Singhs Œuvre: von I am as I am(1999) und Go Away Closer (2007) bis hin zu ihren jüngsten Projekten Let’s See (2021), Museum of Dance (Mother Loves to Dance) (2021), Museum of Tanpura (2021) und Mona Montages (2021). Im Gropius Bau wird außerdem zum ersten Mal ihre neueste Arbeit Painted Photos (2021–2022) zu sehen sein.
Dayanita Singh, Museum of Chance, 2013
Für Dayanita Singh ist die Fotografie kein Selbstzweck, sondern das Rohmaterial ihrer Arbeit. Über einen Zeitraum von vierzig Jahren legte sie ein umfangreiches Bildarchiv an, aus dem nun die Ausstellung im Gropius Bau schöpft. Aktiviert werden ihre Bilder durch die einzigartigen Formen, welche die Künstlerin für sie entwirft. In Dancing with my Camera nimmt Singh uns mit auf eine Reise, auf der wir Freund*innen und Bekannten begegnen – Menschen, die Singh immer wieder in öffentlichen oder privaten Räumen porträtiert hat, in ihren Wohnungen und Häusern, in Archiven oder beim Tanzen in Aufenthaltsräumen und auf Friedhöfen.
Dayanita Singh, Museum of Chance, 2013
„Nachdem ich mein Archiv mit Fotografien aus den letzten vier Jahrzehnten durchgesehen habe, wurde mir klar, dass es kaum von Bedeutung ist, was ich fotografiert habe und wie ich fotografiert habe. Von Bedeutung ist allein, dass ich fotografiert habe und dass ich unablässig fotografiert habe, oft dieselben Orte, Menschen, Jahr für Jahr, Jahrzehnt für Jahrzehnt. Das ist die eigentliche Arbeit.“— Dayanita Singh
Zu den zentralen Werken Dayanita Singhs gehören ihre „Museen“, Strukturen, die einen wichtigen Wendepunkt in ihrer künstlerischen Praxis markieren und die Grundlage für das Museum Bhavan (2013) bildeten: eine Gruppe aus neun „Museen“ auf Reisen. Jedes von ihnen enthält eine Sammlung aus älteren und neueren Fotografien Singhs in beweglichen Holzstrukturen, die Ausstellung und Lagerung vereinen. Diese Museen wurden geschaffen, um die darin gezeigten Bilder schnell austauschen zu können und den Raum, in dem sie aufgestellt werden, zu verwandeln. Singh bezeichnet das als „Foto-Architektur“.
Dayanita Singh, Suitcase Museum, 2015
Das Museum of Chance (2013) umfasst 163 Fotografien in einer großen Holzstruktur und lässt sich als das „Muttermuseum“ der verschiedenen Museen begreifen. Auf der gegenüberliegenden Seite verwandeln sich die gleichen Fotografien in das Suitcase Museum (2015), das 44 Buch-Objekte des Museum of Chance umfasst. Im selben Raum nehmen diese Fotografien auch die Form eines der neun Bücher im Leporello-Format der Museum Bhavan-Box (2017) an. Auf diese Weise kreist Singhs Werk kontinuierlich zwischen den Formen, die sie erschafft. Das Museum of Shedding (2016) bildet wiederum einen häuslichen Raum, der so angelegt wurde, dass die Künstlerin selbst darin leben kann – mit einem Bett, einem Schreibtisch und einer Bank für Besucher*innen. Die Architecture Pillarsbestehen aus modularen Kuben, die in unzähligen Variationen neu angeordnet und zum einfacheren Transport flach zusammengelegt werden können.
Durch klassische Arbeiten wie File Museum (2012), File Room Bookcase (2014), Time Measures (2016) und Kochi Box (2016) wird Dayanita Singhs Faszination für persönliche und institutionelle Archive in der Ausstellung reflektiert. Eine zentrale Rolle für Singhs Schaffen spielt jedoch auch ihr eigenes, hauptsächlich aus analogen Kontaktbögen bestehendes Archiv, das die Künstlerin unaufhörlich neu sichtet. Auf diese Weise entwickelt sie neue Arbeiten wie etwa Let’s See (2021), deren vollkommen neue Form sich aus dem Kontaktbogen ableitet.
Menschliche Nähe, Tanz, Bewegung und Musik sowie Begegnungen mit Menschen, Objekten und Medien bilden die Leitmotive in Singhs fotografischen Streifzügen durch Kontinente und Geografien. Die eigens für die Ausstellung im Gropius Bau fertiggestellte Arbeit Museum of Dance (Mother Loves to Dance) (2021), eine fotografische Typologie von Tänzer*innen, beruht auf Singhs Faszination für Bewegung. Das Zusammenspiel der insgesamt 108 Fotografien suggeriert eine Art verwandtschaftlicher Beziehung zwischen den Figuren aus Singhs Arbeiten – von Mona, die auf den Straßen oder dem Friedhof tanzt, auf dem sie gegen Ende ihres Lebens wohnte und nun begraben ist, über Singhs Mutter, die auf Familienhochzeiten tanzt, bis zu einigen der bekanntesten klassischen indischen Tänzer*innen und Bollywood-Choreograf*innen.
„Dayanita Singhs neue Formen befreien die Fotografie nicht nur von Raum und Zeit, sondern auch von ihrer Gebundenheit an Wände. Ihre Strukturen – Museen, Säulen, Leitern, um nur einige zu nennen – aktivieren nicht nur ihre Bilder, sondern auch unsere Körper. Sie berührt unsere Sinne, indem sie unsere Bewegungen lenkt, während wir Bilder betrachten, die subtil sind, persönlich, vertraut und gleichzeitig fremd wirken. Singhs Werk fügt sich in das Programm des Gropius Bau ein, das Räume für Austausch und Gemeinschaftlichkeit schaffen möchte. Menschliche Nähe, Tanz, Bewegung und Musik sind für Dayanita Singhs Buch-Objekte, Foto-Architekturen und Museen von zentraler Bedeutung. Singh zeigt uns, wie wir durch die Bewegung von Körpern, Informationen und Bildern miteinander verbunden sind.“ — Stephanie Rosenthal, Direktorin des Gropius Bau und Ausstellungskuratorin
Dancing with my Camera legt einen besonderen Fokus auf Dayanita Singhs Buch-Objekte, die einen wesentlichen Bestandteil ihres Œuvres darstellen. Für Singh ist das veröffentlichte Buch keine Ergänzung der Ausstellung, sondern eine Ausstellung für sich – einem ständigen Prozess der Wandlung und Umgestaltung unterworfen und allen zugänglich, die es mit nach Hause nehmen möchten. Auf diese Weise lädt sie die Menschen ein, zu Hause selbst zu Kurator*innen ihres Werks zu werden. Singh begreift die Bildproduktion nur als einen sehr kleinen Teil der Fotografie und sieht die eigentliche Stärke des Mediums in seiner Verbreitungsfähigkeit. Aus diesem Grund bezeichnet sie sich oft als „Offset-Künstlerin“. Bislang hat Singh 13 Bücher veröffentlicht. Indem sie ihnen eine wichtigere Rolle als ihren Ausstellungsdrucken zuweist, verändert sie das Verständnis des Mediums Buch für die Fotografie. Auch die meisten ihrer Arbeiten konzipiert sie zuerst in Buchform; viele dieser ursprünglich im Steidl-Verlag erschienen Kunstwerke werden nun in der Ausstellung als Buch-Objekte gezeigt.
„Mein Medium ist die Fotografie. Ich drehe und wende sie, ich ringe mit ihr – bis die Form sich mir offenbart. Darin besteht meine Arbeit als Künstlerin: die Möglichkeiten freizulegen, die die Fotografie in sich trägt.“ — Dayanita Singh
Dancing with my Camera wird kuratiert von Stephanie Rosenthal, Direktorin des Gropius Bau.
Die Ausstellung wird außerdem im Museum Villa Stuck in München, im Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean – Mudam in Luxemburg sowie im Serralves Museum of Contemporary Art in Porto zu sehen sein.
Dayanita Singh wurde 1961 in Neu-Delhi, Indien, geboren. Sie studierte Visuelle Kommunikation am National Institute of Design in Ahmedabad sowie Fotojournalismus und Dokumentarfotografie am International Center of Photography in New York. Singh lebt und arbeitet in Neu-Delhi.
Gropius Bau, Niederkirchner Straße 7, Berlin
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Ai Weiwei: dropping a han dynasty urn, 1995
Privatsammlung Foto Albertina Wien Lisa Rastl Reiner Riedler
c 2022 Ai Weiwei
Schon die frühesten Werke von Ai Weiwei sind von der Auseinandersetzung mit seinem Heimatland China geprägt, wo er als Kind durch die Verbannung seines Vaters, des großen Dichters Ai Qing, die Auswirkungen der Kulturrevolution miterlebte. Als junger Mann im New Yorker East Village der 1980er-Jahre wurde er Zeuge und Dokumentarist der dortigen Protestbewegung.
Ai Weiwei: Fuck, 2000
Privatsammlung Foto Albertina Wien Lisa Rastl Reiner Riedler
c 2022 Ai Weiwei
Ai Weiwei: Study of Perspective Eiffel Tower, 1999
Albertina Sammlung Essl Foto Mischa Nawrata
c 2022 Ai Weiwei
Zurück in Peking waren es die unmittelbaren Nachwehen des Massakers am Platz des Himmlischen Friedens, auf die er künstlerisch reagierte. Sein ausgestreckter Mittelfinger, den er bekannten Bauwerken als Repräsentationsobjekten der Macht entgegenhielt und damit Missstände anprangerte, wurde schließlich zu seinem Markenzeichen. Immer wieder sind es Machtstrukturen und die Mechanismen der Herrschaftsausübung, die der Künstler thematisiert, sei es die Zerstörung von Kulturgütern als Ausdruck der eigenen Überlegenheit oder die Ausübung von Manipulation, Zensur und Überwachung von staatlicher Seite. Unablässig schaut er stets dort genauer hin, wo er Meinungsfreiheit und Menschenrechte in Gefahr sieht – bei Einschüchterungsmethoden der chinesischen Regierung, der Bedrohung von Journalisten sowie politischen Aktivisten über die Proteste in Hongkong und die massiven Restriktionen in Wuhan beim Ausbruch der Corona-Pandemie bis hin zur eigenen Inhaftierung im Jahr 2011.
Ai Weiwei: sacredi supper, 2013
courtesy Lisson Gallery Foto Courtesy Ai Weiwei Studio and_Lisson Gallery
c 2022 Ai Weiwei
Ai Weiwei: handcuffs, 2012
Privatsammlung Foto Albertina Lisa Rastl Reiner Riedler
c 2022 Ai Weiwei
Ai Weiwei: Odyssey, 2017
courtesy of the artist Foto Courtesy Ai Weiwei Studio
c 2022 Ai Weiwei
Die aktuelle Situation Flüchtender auf der ganzen Welt betrachtet Ai als die vielleicht größte globale humanitäre Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, als enorme Herausforderung für uns als solidarische Gesellschaft – und sieht bei jedem und jeder einzelnen von uns die Verantwortung, zu handeln. Mit Ai Weiweis kulturellen Readymades, seinen Wandarbeiten, Skulpturen, Installationen, Fotografien und zahlreichen Filmen bietet die Ausstellung einen beeindruckenden Überblick über die mehr als vier Jahrzehnte währende Karriere des Künstlers und beinhaltet Schlüsselwerke aus allen Schaffensphasen.
Albertina Modern, Karlsplatz 5, Wien
Ai Weiwei, marble sofa 2011
Privatsammlung Foto Albertina Lisa Rastl Reiner Riedler
c 2022 Ai Weiwei
Zu der Ausstellung ist ein Katalogbuch erschienen:
Ai Wei Wei
Herausgeber: Dieter Buchhart, Elsy Lahner, Klaus Albrecht Schröder
Erscheinungsjahr: 2022
Sprache: Deutsch
Seiten: 336
Maße: 30 x 24 cm, Hardcover
Gewicht: 2,5 kg
ISBN: 9783777439648
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Vielfältige Bezüge zwischen den beiden Präsentationen werden zu entdecken sein. Damit geht die Photographische Sammlung ins 25. Jahr ihres Ausstellungsprogramms im Kölner Mediapark. Mit dem Werk von August Sander, dessen Archiv einer der Ausgangspunkte für die Sammlungs- und Programmkonzeption der Institution ist, ist zunächst das Genre des Porträts verstärkt hervorzuheben. Sander hat mit seinem Kulturwerk „Menschen des 20. Jahrhunderts“, aktuell mit über 50 Originalabzügen repräsentiert, das photographische Porträt in eine innovative, sachlich dokumentarische Dimension geführt.
So wird in den Porträtarbeiten der Sammlung etwa nach dem Verhältnis von Individuum und Gesellschaft gefragt, nach Identität, nach sozialen, familiären und beruflichen Situationen und Beziehungen sowie nach den Erfordernissen bestimmter Lebensabschnitte und Lebensbedingungen. Der Einfluss der Zeit mit seinen Impulsen, Möglichkeiten und Synergien ist dabei – so sehr sich dieser auch wandelt – eine ganz entscheidende Komponente.
Dokumentarische Projekte, die über längere Zeiträume verfolgt werden, machen diesen Zusammenhang besonders anschaulich. Deutlich wird, der Mensch steht zu jeder Zeit in Wechselwirkung mit seinem kulturellen Umfeld. Dieser Umstand spiegelt sich nicht allein im Erscheinungsbild seiner Existenz, sondern auch in der Gestaltung seiner Lebenswirklichkeit.
Photographische Sammlung, Im Mediapark 7, 50670 Köln
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Nieblum, Januar 2020, aus der Serie Inseljugend Föhr 2019/20
© Courtesy of the artist
Andreas Jorns (* 1966) stellte sich als Artist in Residence des MKdW genau diese Fragen. Im Winter 2019/20 begab er sich auf Spurensuche. Sieben Wochen lang begleitete er weit mehr als 100 junge Menschen auf Föhr. Er besuchte sie in der Schule und in der Freizeit, sprach mit ihnen in den Klassenräumen und zu Hause.
Nieblum, November 2020, aus der Serie Inseljugend Föhr 2019/20
© Courtesy of the artist
Hedehusum, November 2020, aus der Serie Inseljugend Föhr 2019/20
© Courtesy of the artist
Die Jugendlichen ließen es zu und zeigten ihm ihre Lebenswelten. Jorns war beim Musizieren und bei Chorproben dabei, traf sie am Strand, beim Sport, bei Vereinsaktivitäten und an ihren privaten Rückzugsorten, feierte, tanzte und diskutierte mit ihnen. Im November 2020 kehrte Andreas Jorns zu einem zweiten Aufenthalt auf die Insel zurück, um erneut mit den Jugendlichen zu arbeiten. Welche Auswirkungen auf ihre Lebenspläne zeigt die Corona- Pandemie womöglich?
© Courtesy of the artist
Nieblum, Januar 2020, aus der Serie Inseljugend Föhr 2019/20 ©
Courtesy of the artist
Das Ergebnis dieser in der Geschichte der Insel einmaligen fotografischen Recherche ist in der Ausstellung Inseljugend zu sehen. Die Schau gehört zur Ausstellungsreihe Made on Föhr, die in unregelmäßigen Ab- ständen Ergebnisse aus dem Artist-in-Residence- Programm des MKdW zeigt. Es ist die erste museale Ausstellung des Fotografen.